Strategische Flexibilität beim Lösen mathematischer Probleme
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Die Förderung der Fähigkeit, mathematische Probleme zu lösen, gilt bereits seit langem als ein wichtiges und weithin anerkanntes (eher fachübergreifendes) Ziel von Mathematikunterricht. Nicht zuletzt durch TIMSS haben diese Zielstellung und Möglichkeiten ihrer Ansteuerung in der mathematikdidaktischen Diskussion und im Mathematikunterricht (wieder) enorm an Bedeutung gewonnen. Bei der Beantwortung der Frage, wie die Problemlösefähigkeit - besser als bisher - gefördert werden könnte, lassen sich verschiedene Zugänge unterscheiden. Unter anderem können aus der weiteren Erforschung von (mathematischen) Problemlöseprozessen neuartige oder zumindest ergänzende Ansatzpunkte für mögliche Fördermaßnahmen resultieren. Vor diesem Hintergrund geht es dem Autor darum, Vorgänge zu identifizieren und detailliert zu beschreiben, die für den Verlauf und das Ergebnis von Problemlöseprozessen bestimmend sind. So ist es beim Problemlösen nicht selten, dass Problemlöser in Situationen geraten, wo sie erkennen oder zumindest zu wissen glauben, dass sie auf dem gewählten Wege nicht oder nicht so recht weiter kommen und deshalb den aktuellen Lösungsanlauf abbrechen bzw. beenden. Um möglichst doch noch zu einer Lösung zu gelangen, ist strategisch flexibles Verhalten gefragt, d. h. es wird ein geeignetes Umschwenken auf einen anderen Lösungsanlauf erforderlich. Obwohl die Bedeutung des Wechselns von Lösungsanläufen beim Problemlösen nicht in Frage gestellt wird, ist dieser Aspekt in mathematikdidaktischen und denkpsychologischen Unternehmungen zum Problemlösen und insbesondere in Konzepten zur Förderung der Problemlösefähigkeit gegenüber anderen Aspekten bislang eher vernachlässigt worden. Das mag maßgeblich darin begründet sein, dass unser derzeitiges Wissen über solche Wechsel noch recht lückenhaft ausfällt. Mit diesem Buch wird ein Beitrag geleistet, diese Wissenslücke zu verringern, d. h. mehr Details über das Wechseln von Lösungsanläufen ans Tageslicht zu fördern. Im Ergebnis einer sehr aufwändigen empirischen Erkundungsstudie werden Befunde vorgelegt, warum Lösungsanläufe gewechselt werden, was dabei verändert wird, wie der Wechsel erfolgt und wie „gut oder schlecht“ gewechselt wird. Als Probleme wurden anspruchsvollere mathematische Probleme verwendet, die sich deutlich von den in empirischen Untersuchungen nicht selten verwendeten „Einschrittproblemen“ abheben. Probanden waren in Partnerarbeit agierende ältere Schüler und Lehramtstudierende. Aber nicht nur die sich auf Wechselvorgänge und Wechselsituation beziehenden Darlegungen und Ergebnisse eröffnen den Lesern die Möglichkeit, mehr über (mathematische) Problemlöseprozesse zu erfahren. Darüber hinaus werden die sich über den jeweiligen gesamten Prozess erstreckenden Lösungsaktivitäten verschiedener Dyaden rekonstruiert und detailliert beschrieben. Mit einer solchen Detailanalyse lassen sich die entsprechenden Lösungsverläufe unmittelbar nachvollziehen.