Standrechtliche Todesurteile im Ersten Weltkrieg
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Das Standrecht hat seine Ursprünge in alten Kriegsgesetzen. Der Zweck dieser Verfahrensart war es, ein Verbrechen, so rasch als möglich bestrafen zu können, um die Sicherheit der Truppe nicht zu gefährden. Durch den öffentlichen Vollzug der Strafe, sollte ein Abschreckungseffekt erzielt werden. So hat das Standrecht, das für Österreich erstmals in der Constitutio Criminalis Theresiana abschließend geregelt ist, auch Eingang in die zivile Strafgesetzgebung gefunden. Nach den zivilen Vorschriften kam das Standrecht während des Ersten Weltkrieges allerdings kaum zur Anwendung. In einigen Schriftsätzen der obersten Stellen der k. u. k. Regierung wird sehr deutlich, dass man mit dem Instrument des Standrechts versuchte politische Veränderungen zu verhindern. Das Armeeoberkommando überschritt aber mit seinen Maßnahmen eindeutig seine Kompetenzen und nahm Eingriffe in die verfassungsmäßigen Rechte der Gesetzgebung vor. Die in dieser Arbeit vorgenommene Darstellung der rechtlichen Grundlagen und der praktischen Handhabung des Standrechtes im Ersten Weltkrieg bot die Möglichkeit, die Umsetzung der MStPO von 1912, des MStG, des StG und anderer rechtlicher Regelungen zu beobachten und zu bewerten. Politische, wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie Kriegsereignisse wurden im Kontext mit Fallstudien herausgearbeitet und die im Anhang aus dem Kriegsarchiv Wien aufgezeichneten Todesurteile statistisch ausgewertet. Es wurde auch versucht, die unterschiedliche Sichtweise der obersten Stellen der k. u. k. Regierung anhand deren Korrespondenz untereinander und mit Hilfe von Fallbeispielen zu verdeutlichen. Ungefähr 6000 Schriftstücke, Urteile und Akten umfasst der Bestand des Kriegsarchivs im Kontext mit den standrechtlichen Todesurteilen. Die Ergebnisse der quantitativen Analyse ermöglichten einen Einblick in die kriegsbedingte Gesellschaftsentwicklung und erleichterten im Vergeich mit Quellen anderer Herkunft Aussagen über die Kriegsgesellschaft in Österreich-Ungarn. Durch die Analyse der Todesurteile wurde weiters untersucht, welche Verbrechen von welchen Personen verübt wurden. So enthält auch die Liste der im Anhang verzeichneten vollstreckten Todesurteile die (abgekürzten) Namen, den Beruf, bei Militärpersonen den militärischen Rang, die Herkunft der Verurteilten, das verurteilende Standgericht, die Tatbestände, das Datum der Verurteilung und der Hinrichtung, die Meldung an die 4. Abt. des k. u. k. Kriegsministeriums und die Aktenzahl. Aufgrund der teilweise unvollständigen Aufzeichnungen konnten nicht alle vorhergenannten Daten erfasst werden. Teilweise wurden die gewonnenen Ergebnisse mit Hilfe von Tabellen veranschaulicht.