Zeichnung im Dienste der Literaturvermittlung
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Moritz Retzsch ist ein wichtiger Repräsentant der Kunst um 1800, weil er den eng gesteckten, überwiegend die Interessen und Vorstellungen einer kleinen aristokratischen Schicht berücksichtigenden Rahmen von Kunst aufbricht und sich an ein breites Publikum wendet. Möglich wird dies durch seine von Anfang an zur Publikation bestimmten Illustrationen. Retzsch war der erste, der sich nicht nur unmittelbar nach dem Erscheinen von Goethes Faust-Drama dessen umfänglicher Bebilderung zuwandte, sondern in der Folge auch weiteren Klassikern der deutschen und englischen Literatur illustrierte. Dabei war es ihm weniger um unmittelbare Wiedergabe des Textes zu tun, als vielmehr um eigenständige Bildzyklen, die den Text neu interpretierten. Retzsch löste sich ausserdem von den geläufigen Gestaltungsverfahren und konzentrierte sich ganz auf die Darstellung in Umrisslinie, einem Verfahren, daß um 1800 Konjunktur hatte. Die Umrisslinie schien den Zeitgenossen in besonderer Weise geeignet, literarische Texte angemessen zu vermitteln. Aufgrund ihres reduzierten Ausdrucks, griff sie der Phantasie des Lesers nicht vor, sondern regte neue Wahrnehmungsweisen an.