Leistungseliten: die Bedeutung sozialer Herkunft als Selektionskriterium für Spitzenkarrieren
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Seit einiger Zeit besteht unter dem Eindruck gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Wandlungsprozesse ein starkes Interesse an den Eliten in der Bundesrepublik Deutschland. Aber auch in der bildungspolitischen Diskussion dominiert angesichts von hoher Arbeitslosigkeit, „Pisa-Schock“, andauernden Haushaltsproblemen sowie permanentem Reformdruck bis zu einem gewissen Grad der Ruf nach Eliten. Doch wer gehört zu den Eliten, zu jenen gehobenen sozialen Schichten, deren wesentliches Charakteristikum in ihrer sozialen Abschottung und Undurchlässigkeit gegenüber anderen sozialen Schichten besteht und die im politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen System bestimmte Funktionen ausüben? Demokratische Eliten sind vor allem durch das Postulat eines allgemein offenen Zugangs zu Elitepositionen gekennzeichnet, d. h. zumindest formal besteht für alle soziale Schichten Chancengleichheit beim Zugang zu Spitzenpositionen. Für den Mainstream der Eliteforschung hat dies in der Konsequenz zur Folge, daß sich die Elitenauswahl nach Leistungskriterien vollzieht, selbst dann, wenn sich in der Realität eine ausgesprochen selektive Sozialrekrutierung der Eliten zeigt. Eliten in der Bundesrepublik Deutschland unterscheiden sich aber nicht nur durch ihr Bildungsniveau von der Normalbevölkerung, offensichtlich rekrutieren sie sich auch überproportional aus Familien mit gehobenem sozialen Status. In diesem Zusammenhang stellt sich nicht nur die Frage nach der sozialen Zusammensetzung der Eliten, den Rekrutierungs- und Karrierewegen sowie den Strategien, mit denen diese Abschottung praktiziert wird, sondern auch nach der Bedeutung und dem Einfluß bestimmter Faktoren, wie soziale Herkunft, Bildungsniveau oder Geschlecht, auf die Rekrutierungschancen. In diesem Kontext spielt auch das Verhältnis zwischen sozialer Herkunft und Bildung eine bedeutende Rolle, d. h. bestimmt die soziale Herkunft direkt die Aufstiegschancen in die Elite oder nur indirekt, vermittels der ungleich verteilten Bildungschancen zwischen den gesellschaftlichen Schichten. Darüber hinaus sind Frauen in Führungspositionen, trotz Frauenbewegung und der Forderung nach Chancengleichheit, massiv unterrepräsentiert. Generell kann von einer halbwegs proportionalen Verteilung der Geschlechter in den Führungsetagen der Wirtschaft, Politik, Justiz und Wissenschaft nicht die Rede sein. Im Gegenteil, die geschlechtsspezifische Diskriminierung scheint mit einer sozialen Diskriminierung Hand in Hand zu gehen.