Leibeigene Bauern und römisches Recht im 17. Jahrhundert
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Der 30jährige Krieg dezimierte die ländliche Bevölkerung Europas um die Hälfte. Die Überlebenden flohen in weniger heimgesuchte Gebiete. Nach Kriegsende stellten viele Grundbesitzer Nachforschungen nach den von ihren Ländereien geflohenen Bauern an. Sie überzogen entweder die Bauern selbst, oder andere Grundbesitzer, unter deren Schutz die Bauern inzwischen lebten, mit Rückforderungsprozessen und stützten sich auf das Argument, die Bauern seien früher ihre „Leibeigenen“ gewesen. Diese Situation lenkte das Interesse der Juristen auf die Frage der Leibeigenschaft. Zu der Vielzahl der hierzu entstandenen Abhandlungen gehört das Gutachten „Ein kurtzes Bedencken über die Fragen, so von dem Zustand, Abforderung und verwiederter Abfolge der Bauersleute“ von David Mevius. In ihm nimmt er zu den Fragen der Entstehung der Leibeigenschaft, ihrer Beendigung und ihrer Auswirkungen für den Einzelnen Stellung. Er stützt sich hierbei auf gewohnheitsrechtlich überlieferte Bräuche, Partikularrechte, auf naturrechtliche und christliche Grundsätze, aber auch auf Texte des römischen Rechts über Sklaven, Kolonen, Freigelassene oder freie Menschen. Seine Gewichtung variiert dabei stark von Frage zu Frage. So unterwirft er einige Aspekte, wie etwa die Frage der Parteifähigkeit der Leibeigenen oder die Behandlung bösgläubig flüchtiger Leibeigener ohne größere Abweichungen dem römischen Kolonenrecht. An anderer Stelle, etwa bei der Frage der Ersitzung der Freiheit dank Stadtrechts oder der Beendigung der Leibeigenschaft wegen unmäßiger Grausamkeit des Herrn, kommt Mevius zu Ergebnissen, die das Römische Recht nicht trägt. Im Kern der Untersuchung steht daher die Frage, ob für Mevius der Rückgriff auf das römische Recht ein rechtfertigungsbedürftiger Anachronismus war, oder ob vielmehr jede Bevorzugung eines Partikularrechts, des Gewohnheitsrechts oder Naturrechts einer Rechtfertigung bedurfte.