Ein Franke in Venedig
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Venedig bietet besondere Einblicke in die Lösung von Fremdsprachenproblemen im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Durch ihren Handel mit dem Ausland florierte die Stadt. Die einheimischen Kaufleute betrieben Handel über viele Sprachgrenzen hinweg und die auswärtigen, vorübergehend anwesenden Handelsleute kamen aus halb Europa. Fremdsprachenkompetenzen waren für diesen Berufstand unerlässlich. Ein wichtiger Handelspartner Venedigs war die Reichsstadt Nürnberg. So waren im „Deutschen Haus„ in Venedig, dem „Fondaco die Tedeschi“, neben Augsburgern, Kölnern und Regensburgern am häufigsten Kaufleute aus Nürnberg vertreten. Diese lebendige Welt der reiselustigen Gewürz-, Stoff- und Schmuckhändler des späten Mittelalters hatte neben wirtschaftlichen und politischen Grundlagen eine sprachlich-kulturelle Basis: man lernte die Sprache des Partners. Handschriftliche Quellen beweisen, dass es in Venedig im 15. Jh. institutionellen Deutschunterricht gab. Das älteste heute bekannte Manuskript, das dem Unterricht im Deutschen als Fremdsprache diente, stammt aus dem Jahr 1424. Es wurde in Venedig niedergeschrieben. Neben italienisch-deutschem Vokabular enthält es Handelsdialoge und Erklärungen zu verschiedenen Bereichen der deutschen Grammatik. Der Verfasser der Handschrift ist nicht genannt, doch in den Dialogen ist von einem gewissen Georg (Iorg) die Rede. Dieser junge Mann aus Nürnberg betrieb an der Rialtobrücke in der Nähe des „Fondaco dei Tedeschi" eine Schule für Wirtschaftdeutsch. Georg von Nürnberg ist wohl einer der ersten Unternehmer, der sein Geld damit verdiente, Anderssprachigen Deutsch beizubringen.