Der Weg zurück
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Der Band rekonstruiert die Heimführung von fünf Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern nach ihrer Befreiung aus deutscher Gefangenschaft oder Zwangsarbeit im Jahr 1944/1945 und der Zeit nach ihrer Rückkehr bis hinein in die Gegenwart. Als Objekt der nationalsozialistischen Deportations- und Ausbeutungspolitik wurden sie nach ihrer Befreiung zum Objekt stalinistischer Bestrafungs- und Isolationspolitik, da sie die Staats- und Parteiführung pauschal unter Kollaborationsverdacht stellte. Die Tatsache, dass rund drei Millionen sowjetische Soldaten bis Ende 1941 in Kriegsgefangenschaft geraten waren, wertete die Sowjetregierung als eine illoyale Einstellung. Das Überleben wurde den Gefangenen als Kollaboration ausgelegt. Deshalb verurteilten militärische Schnellgerichte bereits während des Krieges knapp eine Million Rotarmisten als vermeintliche Verräter, davon 157.000 zum Tode. Die Verdachtshaltung wurde alsbald auch auf sowjetische Zivilisten übertragen. Ein beträchtlicher Teil der Heimkehrer wurde nach Überschreitung der sowjetischen Grenze in eigens für sie geschaffene Lager, Arbeitsbataillone oder sogenannte Sonderansiedlungen mit ihren jeweils spezifischen Lebens- und Arbeitsbedingungen deportiert. Insofern leistet der Band auch einen Beitrag zur GULAG-Geschichte und zeigt darüber hinaus den Wirkungszusammenhang von Denunziation, Mißtrauen und der daraus resultierenden Deformation der sowjetischen Gesellschaft auf Mikro- und Makroebene auf. Ulrike Goeken-Haidl liefert auf Basis intensiver Archivrecherchen u. a. in Moskau, Minsk und den Vereinigten Staaten einen Beitrag zur sowjetischen Diktatur- und Totalitarismusforschung sowie der Entstehungs-Geschichte des Kalten Krieges. Wie eine Vielzahl anderer Akten zur Stalinismus-Geschichte sind die für das Buch 1996/97 eingesehenen Akten seit dem Machtantritt Putins nicht mehr zugänglich. So gelang gleichsam ein Blick hinter den Eisernen Vorhang, der in dieser Form heute nicht mehr möglich ist.