Die Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft in Ungarn 1700 - 2000
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Dieser Band stellt die Prozesse der ungarischen Wirtschaft in den letzten 300 Jahren vor. Gleichseitig werden auch die auf die Wirtschaft wirkenden gesellschaftlichen und politischen Änderungen analysiert. Bis zum 16. Jh. war Ungarn ein bestimmendes Land im mitteleuropäischen Raum, lange spielte es eine Brückenfunktion zwischen den westlichen und östlichen Regionen Europas. Ungarn gehörte mit seiner christlichen Religion, seinem Großgrundbesitzsystem und seines Stadtnetzes, mit seiner politischen Struktur, seinem Außenhandel, Bräuchensystem und seinen Gesetzen grundsätzlich zu dem westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, auch wenn es zwangsläufig die Folgen der östlichen Eroberungen ertragen musste. Als Schutzbastei des Christentums im 16. und 17. Jahrhundert trug Ungarn bedeutend dazu bei, dass die westlich liegenden europäischen Gebiete den Grausamkeiten der türkischen Eroberung, dem stocken der wirtschaftlichen Entwicklung, entgingen. Seit dem 18. Jh. bekam die ungarische Wirtschaft die Möglichkeit zurück, sich wieder in den europäischen Raum einzugliedern – aber diesmal schon als Teil des Habsburgerreiches. Die Wirtschaft und Gesellschaft Ungarns wurden während seiner Geschichte zu einer sehr großen Flexibilität gezwungen. In dem untersuchten Zeitraum war Ungarn 160 Jahre lang dem Habsburger Reich untergeordnet, aber seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts – als es die Autonomie errungen hatte – wurde es zu einem gleichrangigen Landesteil Österreichs. Nach dem ersten Weltkrieg verlor 70% seiner Gebiete durch die Entscheidung der Großmächte und gehörte von nun an zur Gruppe der Mitteleuropäischen Kleinstaaten. Nach 1945 wurde es ein Satellitenstaat des sowjetischen Reiches, das erst durch den Zerfall der Sowjetunion – 1990 – seine Souveränität wieder erwarb. Die Kraft der ungarischen Gesellschaft zeigt sich darin, dass sie all das überlebt hat, zwischen den Großmächten nicht aufgerieben worden ist, dass es heute schon als Mitglied der Europäischen Union zu den mittelmäßig entwickelten Ländern gehört und such relativ dynamisch entwickelt. Die Geschichte der ungarischen Wirtschaft bietet den deutschsprachigen Lesern und Leserinnen viele Erkenntnisse. Man kann daraus die Funktion eines zu niedriger Akkumulierung fähigen Agrarraumes kennen lernen. Die Entwicklung der ungarischen Landwirtschaft zeigt Verwandtschaft mit der Mecklenburgisch-brandenburgischen Landwirtschaft. Die ungarische Industrialisierung des 19. Jahrhunderts ist den österreichischen und deutschen spätindustrialisierten Gebieten in vielerlei Hinsicht ähnlich, die Entwicklung von Budapest ist mit dem Wachstum von Berlin und Wien vergleichbar. Bei der sich modernisierenden ungarischen Wirtschaft spielte die aus Deutschland und aus Österreich einströmende deutschsprachige Bevölkerung eine sehr wichtige Roll