Zum Sozialverhalten des Rothundes (Cuon alpinus PALLAS, 1811) unter Gehegebedingungen
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Die Ergebnisse der vorliegenden Langzeitstudie an einem Rudel von Cuon alpinus zeigen, daß für den Asiatischen Wildhund oder Rothund ähnliche Merkmale der Sozialstruktur zutreffen, wie für andere kooperativ Junge aufziehende Caniden: Das Rudel als hochsoziale Fortpflanzungsgemeinschaft wurde von einem monogamen Elternpaar geführt, welches die Fortpflanzung der anderen Rudelmitglieder intrasexuell supprimierte. Die beobachteten dominanten Weibchen und Männchen zeigten dabei deutlich unterscheidbare, geschlechtsspezifische Strategien zur Durchsetzung ihres Reproduktionsmonopols. Reproduktionssuppression führt jedoch bei der großen Mehrzahl der Canidenspezies zur Dispersion des Nachwuchses. Hauptanliegen der Studie war es deshalb, der Frage nachzugehen, welche spezifischen Merkmale der Sozialstruktur eine dauerhafte Kohäsion des Rudels ermöglichen. Das beobachtete Rudel zeigte eine hohe Flexibilität hinsichtlich der sozialen Beziehungen seiner Mitglieder. Die Sozialstruktur oszillierte im Jahresverlauf zwischen zwei Extremen, die primär von der Ausprägung der Dominanzhierarchie und vom Auftreten bindungsfördernder Verhaltensweisen charakterisiert wurden. Verhalten, welches Konflikte friedlich beendete, soziale Distanzen abbaute oder kooperative Aktionen ermöglichte, durchdrang alle Bereiche des soziale Lebens. Selbst weiblicher Infantizid ist nicht allein als Bestandteil weiblicher Reproduktionsstrategie anzusehen, sondern, das zeigen die Egebnisse dieser Studie, darüberhinaus als eine Möglichkeit die Interaktionen zur Reproduktionssuppression auf ein minimales Zeitfenster zu reduzieren und damit die Rudelkohäsion zu stützen. Es konnte nachgewiesen werden, daß die widersprüchliche Koexistenz der proximaten Mechanismen von Reproduktionssuppression und kooperativer Aufzucht erst durch das saisonale Variieren der Sozialsruktur ermöglicht wird. Die saisonale Zunahme bindungsfördernder Verhaltensmechanismen war dabei streng an die Aufzucht von Jungen gebunden. Dies wird als deutlicher Hinweis dafür angesehen, dass sich Mechanismen zur Gruppenkohäsion beim Rothund eher in Verbindung mit kooperativer Aufzucht als kooperativer Jagd evolviert haben müssen. Diese Schlußfolgerungen führen zu einem Modell, welches die Rudelentstehung (Kohäsion) und die Veränderungen der weiblichen Reproduktion in einem komplexen koevolutiven Prozess eng miteinander verbindet. Der Widerspruch zwischen zunehmender Konkurrenz durch philopatrische Nachkommen und weiblicher Fortpflanzungssrategie mit Bedarf an Helfern führte zur Selektion kohäsionsfördernder Verhaltensmuster. Damit ist das Rothundrudel als eine adaptive Einheit zu verstehen, deren auf kohäsiven Verhaltensstrategien aufbauendes Sozialsystem in erster Linie im Dienste einer außergewöhnlichen weiblichen Reproduktinsstrategie steht.