"Das Schweigen zum Klingen bringen": Sprachkrise und poetologische Reflexionen bei Hermann Burger
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Die Studie von Erika Hammer bedeutet eine Neubegegnung mit dem Ouvre des Schweizer Autors Hermann Burger. Der Forschungsansatz bezieht sich darauf, wie Erzählen in dem Bewusstsein, dass Sprache als Instrument der Welterschließung nicht mehr fraglos zu Gebote steht, noch möglich ist. Dieser Gesichtspunkt wird in der Analyse minutiös auf unterschiedlichen Ebenen verfolgt, und im Zusammenhang damit werden ästhetische Konzeptionen Burgers umkreist. Mit ihrer Studie unternimmt die Verfasserin einen Schritt auf neues Terrain und rückt in der Burger-Forschung bisher vernachlässigte Phänomene in den Fokus des Interesses. In der Untersuchung werden zahlreiche literaturwissenschaftliche und ästhetische Paradigmen verwendet, ein breites Spektrum unterschiedlicher Ansätze wird ins Feld geführt, das Instrumentarium unterschiedlicher literaturwissenschaftlicher Richtungen wird erfolgreich eingesetzt. Die Studie kann geradezu als eine Propädeutik verschiedener Ansätze gesehen werden. Ausgangspunkt der Analyse ist die Frage, wie die Erschütterung des Sprachvertrauens eine genuin erkenntniskritische Erzählgeste artikuliert. Burgers Romandebüt Schilten wird als eine Metapoetik gelesen, die mit Hilfe einer poetologischen Metaphorik die eigenen Transformationsprozesse artikuliert. Da in der Studie in erster Linie ästhetische Konzeptionen anvisiert werden, gilt für die Analyse, dass das hier an Schilten erprobte wissenschaftliche Instrumentarium auch zu der Untersuchung von anderen Texten Burgers und der sprachkritischen Tradition im Allgemeinen besonders hilfreich sein kann. Im Fokus stehen die 'sprachlichen Kuriositäten' Burgers, die in der Studie in einem sprach-, subjekt- und erkenntniskritischen Kontext situiert und wissenschaftlich erklärt werden. Burgers Texte liest die Verfasserin als Selbsterkundungs- und Selbstverschriftlichungsprozesse, die die Medialität nie aus dem Auge verlieren. Entfaltet wird im Laufe der Untersuchung, dass dies einen probenden und spielerischen Umgang mit Vertextungsverfahren der Romantradition zur Folge hat und zugleich ein Nachdenken über Welt- und Ich-Konzepte darstellt. Aufgezeigt werden Erzählstrategien, die als performative Akte neue Sinnstiftungsversuche erproben und verwerfen, jedoch im Textganzen variationsreich in Szene setzen. Als spezifische Konstante des Romans wird eine Erzählgeste ausgearbeitet, die bei der Übersetzung der Welt die Unverfügbarkeit der Wirklichkeit nie überspielt, sondern vehement ins Bewusstsein rückt. Aufgezeigt wird im Laufe der Analyse, wie die daraus resultierende Sprach- und Erzählkrise mit einem Sprechen und Erzählen überwunden wird, das die Gestaltlosigkeit beibehält. Der Text wird zu einem konturlosen Strom und mit Darstellung der Intermedialität wird nachgewiesen, wie der Text in fingierte Mündlichkeit verwandelt wird. Als wichtige Erzählstrategie des Schweizer Autors wird das paradoxe Unterfangen kenntlich gemacht, dass Burgers Erzähler das Unverfügbare in einem Rauschen hörbar machen, indem sie eine Sprache und ein erzählerisches Netz verwenden, die das Schweigen zum Klingen bringen.