Verfassungsrealismus
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Die Zahl der Staatsrechtler, die die Weimarer Verfassung mit Leidenschaft verteidigten, war gering; noch geringer war die Zahl derer, die auch auf ihrem Fachgebiet früh zu einer pluralistischen Sicht von „Staat“ und „Volk“ – und damit nach „Westen“ – durchdrangen. Zu ihnen zählte Karl Loewenstein, der in seiner politikwissenschaftlich orientierten Verfassungslehre ein gegen die Tradition gerichtetes, entontologisiertes Staatsverständnis entwarf, indem er Verfassung, Institutionen und Gesellschaft „realistisch“ begriff. Danach ist der demokratische „Staat“ nur der durch „checks and balances“ kontrollierte politische Prozess, der sich als Kampf um Macht auf der Grundlage einer Verfassung in offener aber zugleich verfahrensmäßig „zivilisiert-rationaler“ Weise vollzieht – und der notfalls als „militant democracy“ verteidigt werden muss. Dieser „Verfassungsrealismus“ wird in seinen staatstheoretischen und politikwissenschaftlichen Entwicklungs- und Rezeptionslinien (Politisches Denken; Max Weber; Hans Kelsen / Ernst Fraenkel) sowie anhand zentraler Werkaspekte (Verfassungsgerichtsbarkeit; Demokratieschutz; Präsidentialismus in Lateinamerika; Pluralismus im Spätwerk) erörtert.