Auswirkungen einer Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots für Apotheken
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Kaum ein Reformgedanke für das deutsche Gesundheitswesen wird derart kontrovers diskutiert wie die Frage der Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots für Apotheken. Die beiden Verbote legen fest, dass nur Apotheker Besitzer einer Apotheke im gewerblichen Sinne sein dürfen und jeder Apotheker nicht mehr als eine Hauptapotheke mit drei Filialapotheken, also maximal vier Apotheken besitzen darf. Somit sind im deutschen Apothekenmarkt Ketten, also Groß- und Massenfilialisten, die in vielen anderen Sektoren des Einzelhandels eine bedeutende Rolle spielen, nicht erlaubt. Obwohl derlei Eigentumsrestriktionen auch für einige andere freie Berufe im In- und Ausland und in zahlreichen internationalen Apothekenmärkten bestehen, werden die beiden Verbote für den deutschen Apothekenmarkt von deren Gegnern nicht selten als anachronistisch kritisiert. Umgekehrt setzen die Befürworter der bestehenden Regulierungen nicht weniger deutlich die Aufhebung der Verbote mit einer Merkantilisierung und Kommerzialisierung des deutschen Apothekenwesens gleich. Die vorliegende Arbeit setzt sich erstmals wissenschaftlich mit den zu erwartenden Auswirkungen einer Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots auseinander und untersucht dabei sowohl ökonomische, wie auch gesundheitspolitische Aspekte. Mit einer theoretischen Fundierung in der klassischen Industrieökonomik, der Spieltheorie, der Institutionenökonomik und der Handelstheorie wird untersucht, welche Marktstrukturen sich bei einer Liberalisierung der Eigentumsvorschriften für Apotheken einstellen würden und welche Marktteilnehmer wie etwa der pharmazeutische Großhandel oder Versandapotheken wie DocMorris zu den wahrscheinlichsten Initiatoren von Apothekenketten gehören würden. Neben einer wettbewerbspolitischen Beurteilung wird im Kontext der zu erwartenden Marktstrukturen die Kostenstruktur von Kettenapotheken untersucht und mit der von einzelunternehmerischen Apotheken sowie der von Apotheken, die in heute bereits zulässigen Kooperationsverbünden zusammengeschlossen sind, verglichen. Das Marktverhalten bei einer Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots wird im Hinblick auf die Sortimentspolitik, die Auswirkungen auf die Preise im Selbstmedikationssortiment der Apotheken und die Bedeutung von Händlermarken untersucht. Der gesundheitspolitischen Zielsetzung der Arbeit wird durch die Analyse der Versorgungssicherheit bei einer Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots, die Untersuchung des Einflusses einer Deregulierung auf die pharmazeutische Qualität der Apotheken sowie die Diskussion, inwieweit die Gesetzliche Krankenversicherung Einsparungen aus einer Deregulierung erzielen könnte, Rechnung getragen. Empirische Untermauerung finden die Ergebnisse der Untersuchung in der Diskussion transversaler und longitudinaler Erkenntnisse aus internationalen Apothekenmärkten, wie den USA, Kanada, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Belgien, Irland, Norwegen und der Schweiz, wo entweder nie ein Fremd- und Mehrbesitzverbot bestand oder die Regelungen in jüngster Zeit aufgehoben wurden. Basierend auf den in der Untersuchung gefundenen Pros und Kontras schließt die Arbeit mit einer Gesamtbeurteilung, ob eine Deregulierung aus gesamtwirtschaftlicher und gesundheitspolitischer Sicht vorteilhaft wäre.