Integrations- und Segregationsmuster von türkischen Migranten
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Türkisches Leben kristallisiert sich mittlerweile immer deutlicher in vielen deutschen Großstädten heraus. Meist wohnt diese Bevölkerungsgruppe in ethnisch hochverdichteten Wohnvierteln, Wohnviertel jedoch, die darüber hinaus zu denjenigen zählen, in denen die Arbeitslosen- und Armutsraten am höchsten sind. Viele Mitglieder dieser Einwandergruppe sind für die moderne Berufs- und Arbeitswelt nicht qualifiziert und haben inzwischen aufgrund ihrer sozioökonomischen Perspektivlosigkeit resigniert und den Rückzug in die eigene Ethnie angetreten. Dieser Entwicklungspfad wird häufig durch äußere Symbole flankiert, wie das bewußte Tragen von Kopftüchern oder Tschador durch türkische Frauen oder die rasante Ausbreitung von symbolträchtigen Moscheen. Die Entwicklung einer Parallelgesellschaft scheint keine Utopie mehr. Doch gilt diese ungünstige Entwicklungslinie für alle Mitglieder dieser ethnischen Gruppe in Deutschland? Diese Frage wird am Beispiel der Ford-Mitarbeiter in Köln untersucht. Zunächst jedoch setzt sich Steffens mit der Bedeutung des Fremden in der gesellschaftlichen Modernisierung auseinander, diskutiert die klassischen und aktuellen soziologischen Ansätze, um dann auf die Bedeutung dieser Figur in der Gegenwartsgesellschaft, die durch Destabilisierung kollektiver und individueller Orientierungen sowie den Wettbewerb um Kampf um knappe Ressourcen gekennzeichnet ist, einzugehen. Welche Verunsicherungen bei der Aufnahmegesellschaft und den Migranten im Übergang von der modernen zur postmodernen Gesellschaft enstehen und welche Integrationschancen Fremde haben, wird unter Einbezug von Forschungsergebnissen in überzeugender Weise diskutiert. In den folgenden Kapiteln wird die Ausgangssituation der türkischen Arbeitsmigranten der ersten wie auch der zweiten Generation beschrieben. Wo kommen sie her, was sind die soziokulturellen Merkmale der Herkunftsregion? Worin liegt die Bedeutung der familiären und verwandtschaftlichen Bindungen? Wie steht es um die schulischen und beruflichen Ausgangsqualifikationen? Hier wird eingehend auf den Stellenwert von Wohnen, Familie, soziale Netzwerke, Heiratsverhalten und religiöse Orientierungen eingegangen. Dabei werden die Migrationsverläufe und die Stationen der Wohnkarrieren betrachtet und vor dem Hintergrund soziokultureller Merkmale der Herkunftsgesellschaft analysiert. Danach wird die Untersuchung auf die Stadt Köln eingegrenzt. Hierbei gelingt dem Autor ein präzises Nachzeichnen und Erklären der Wohnmilieus von türkischen Ford-Mitarbeitern in Köln, und zwar von den Anfängen der Gastarbeitereinwanderung in den 1960er- Jahren bis in die Gegenwart. Abschließend kommt der Autor noch einmal auf die zentrale Frage zurück, ob die insgesamt ungünstige Entwicklungslinie des Integrationsverlaufs der türkischen Bevölkerung in Deutschland überhaupt verallgemeinert werden kann, also auch für Migranten gilt, die sozioökonomisch in das Berufs- und Arbeitsleben integriert sind? Von dieser Gruppe wäre doch sicherlich zu erwarten, dass sie sich vom allgemeinen Mainstream absondert und hinsichtlich der Wohnstandortpräferenzen, der Bedeutung des Islam, des Klammerns an traditionellen Normen und Werten der ländlichen Türkei, wie beispielsweise dem Prinzip der Ehre oder des Heiratsverhaltens eigene Strategien verfolgt? Insgesamt spannende Fragen, denen der Autor nicht aus dem Wege geht.