Tagesklinik
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Unterschiedlichste steuernde Eingriffe seitens der politisch Verantwortlichen konnten in den letzten Jahren im Gesundheitswesen beobachtet werden. Auffallend ist, dass man sich dem Thema bisher fast ausnahmslos von der Kostenseite her annäherte. Die vorliegende Publikation nahm deshalb die Veränderung einer vollstationären Behandlungsform hin zu einem tagesklinischen Angebot einer Augenabteilung eines österreichischen Krankenhauses zum Anlass. Ziel war es, die strategie- und kostengetriebene Entscheidung kritisch zu durchleuchten. Dazu wurde zunächst eine prozesstheoretische Betrachtung vorgenommen und anschließend die Angebotsveränderung mit Instrumenten der qualitativen Sozialforschung evaluiert. Als zentrales Ergebnis konnte herausgearbeitet werden, dass der überwiegende Teil der Betroffenen die tagesklinische Behandlungsform bevorzugte. Der wesentliche Erfolgsindikator bei den Befürwortern war ein funktionierendes soziales Umfeld, welches die Vor- und Nachbetreuung sowie die notwendige Prozessunterstützung sicherstellte. Die Übernahme von Leistungen stellte für den Großteil der Patienten und ihre Angehörigen keine Hürde dar. Die Befragten zeigten durchweg eine hohe Bereitschaft, sich im Sinne der Co-Produktion an der Leistungserstellung zu beteiligen. Im Gegensatz zur stationären Versorgung war bei der tagesklinischen Behandlung auch die Anspruchserwartung deutlich reduziert. Es stellte sich heraus, dass triviale Indikatoren wie Alter und Entfernung zum Behandler viel zu kurz greifen und isoliert keine ernst zu nehmende Entscheidungsgrundlage darstellen. Wenig überraschend, hat sich bestätigt, dass Menschen gerne zu Hause sind und demnach nicht gerne hospitalisiert, denn Freiheit und das damit verbundene Empowerment stellen nicht nur eine Facette im Behandlungsregime dar, die dem Menschen zumutbar ist, sondern auch seiner Würde entspricht. Damit könnte Empowerment auch eine jener Alternativen darstellen, die im Rahmen der Altersentwicklung der Bevölkerung gefordert werden, nämlich demografischer Entwicklung nicht mit demografischen Mitteln zu begegnen, sondern nach anderen gesellschaftspolitischen Antworten zu suchen.