Europa am Scheideweg
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Ziemlich zeitnah nach der Vollendung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 ist die Europäische Gemeinschaft mit viel Euphorie zur Europäischen Union gestartet. Der Maastrichter Gründungsvertrag vom Februar 1992 sah die Vertiefung und Erweiterung vor, womit zum einen die schon in den Römischen Verträgen vorgesehene politische Einigung Europas wesentlich vorangetrieben werden sollte, und zum anderen den gerade aus der sozialistischen Zwangsherrschaft entlassenen Staaten Ost- und Südosteuropas eine wirtschaftliche Perspektive gegeben werden sollte, um so zur demokratischen Stabilität beizutragen. Ein zentrales Kernstück war die Verabredung zu einer Wirtschafts- und Währungsunion mit einer gemeinsamen Währung, dem Euro. Zahlreiche Kritiker haben schon damals gemahnt, dass die Einführung des Euro zu früh komme und dass vor einer Erweiterung behutsame, aber tragfähige Schritte der Vertiefung gesetzt werden müssten. Die Einführung des Euro könne erst am Schluss eines solchen Prozesses steht (sog. Krönungstheorie). Durchgesetzt haben sich jedoch die Politiker mit der Vorstellung, dass gerade der Euro als „Lokomotive“ fungieren könne, die sowohl die Vertiefung als auch die Erweiterung wesentlich voranbringen könne. Die latent schon einige Zeit spürbare und im Frühjahr 2010 offen ausgebrochene Eurokrise hat gezeigt, dass politischer Wille allein ökonomische Zusammenhänge und historisch gewachsene Strukturen nicht außer Kraft setzen kann. Im Gegenteil: Die Nichtbeachtung solcher Zusammenhänge beschwört die Gefahr herauf, dass der notwendige und wertvolle Gedanke der europäischen Zusammenarbeit Schaden leidet. Die hektische Betriebsamkeit der Politik nach der ausgebrochenen Eurokrise ist der Anlass, eine Sammlung von Aufsätzen und Vorträgen zu Fragen des europäischen Zusammenschlusses vorzulegen.