Frankreich im neuen Europa
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Seit rund 20 Jahren hat die Europäische Union ihren Charakter verändert. In vielerlei Hinsicht ist sie zu einer Institution geworden, die sich von den Vorstellungen der Gründerväter unterscheidet. Christian Lequesne, Direktor beim renommierten Zentrum für die Erforschung internationaler Beziehungen (CERI) bei SciencesPo, stellt in seinem Buch die Frage, welche Beziehung Frankreich zu diesem „neuen Europa“ entwickelt hat. Der Autor ist seit Langem ein aufmerksamer Beobachter der Europapolitik Frankreichs, aber auch der Politik der EU, der Entwicklung ihrer Institutionen und des bislang fortgeführten Erweiterungsprozesses. In der vorliegenden essayistischen Darstellung erklärt der Grosser-Schüler Lequesne die Gründe für die eher reservierte Haltung des Nachbarlandes gegenüber diesem Prozess und warum die französischen Eliten wie auch die Gesellschaft so viel Mühe damit haben, die Rolle ihres Landes angesichts der veränderten Verhältnisse neu zu definieren und positiv umzuformulieren. Gleiches gilt im Übrigen, so legt der Autor dar, für die Globalisierung und ihre Folgen. Um diese Haltung genauer zu verstehen, zeichnet Lequesne die Positionen der französischen Außenpolitik seit 1989 nach, indem er unter anderem die Gründe für das Scheitern der Mitterand’schen Idee einer Konföderation mit den mittelosteuropäischen Staaten, aber auch des späteren Schäuble / Lamers – Plans für ein Kerneuropa beschreibt. Um wieder eine bedeutsame Rolle im veränderten Europa zu spielen, empfiehlt Lequesne seinen Landsleuten, auf eine bestimmte Denkfigur zu verzichten, nämlich die, die Welt von einer Position der behaupteten „französischen Besonderheit“ her zu denken. Er schlägt Wege vor, die Frankreich beschreiten sollte, um wieder einen Platz in Europa zu finden, aber mehr noch, um Europa wieder einen Platz in Frankreich zu verschaffen.