Der aufgeklärte Patient
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Informationsflut, Sensationsdarstellungen und die Diskussion widersprüchlicher Auffassungen sind nicht nur Charakteristika der heutigen Informations- und Mediengesellschaft, sondern sie bestimmen auch schon die Kommunikation im Jahrhundert der Aufklärung. Besonders zu beobachten sind sie in den Auseinandersetzungen über medizinische Themen, wo sie zum Teil jener diskursiven Strategien werden, mit denen die ersten konkurrierenden Massenmedien medizinisches Wissen vermitteln. Die vorliegende Untersuchung fragt danach, ob in solcher Weise in der medialen Gesundheitskommunikation Aufklärung betrieben und die Rolle eines als mündig verstandenen Patienten gestärkt werden konnte. Sie zeigt am zentralen Beispiel des mittel- und westeuropäischen Melancholiediskurses im 17. und 18. Jahrhundert, dass die Präsentation von Gesundheits- und Krankheitswissen nicht allein oder in erster Linie durch den Stand der medizinischen Wissenschaften, sondern in starkem Maße durch spezifische mediale Strukturmerkmale bestimmt wird. Gleichzeitig erscheint der Antipode des Aufklärungsprogramms, nämlich der , kranke', eigensinnige und selbstreflexive Melancholiker, als Promotor moderner Individuations- und medialer Verständigungsprozesse. Er wird damit zum ersten Bewohner der europäischen Moderne und ihrer Medienkultur. Die kulturwissenschaftliche Studie versteht sich als Beitrag zur Aufklärungsforschung und ist für Literaturwissenschaftler und historische Sozialwissenschaftler ebenso von Interesse wie für Medienwissenschaftler und Medizinhistoriker.