Virtueller Belegschaftswahlkampf
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Moderne Kommunikations- und Informationsmittel, wie beispielsweise E-Mail oder Internet, sind aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. Dies gilt in besonderem Maße für das Berufsleben. Die mittlerweile überwiegende Zahl der Arbeitsplätze ist virtuell vernetzt. Diese Entwicklung macht, wie unter anderem auch die letzte größere Reform des Betriebs-verfassungsgesetzes gezeigt hat, auch vor der Betriebsverfassung keinen Halt. Der Gesetzgeber hat in vielen Bereichen die Nutzung moderner betrieblicher Kommunikationsmittel durch die Organe der Betriebsverfassung mittlerweile einfach gesetzlich geregelt. Umso erstaunlicher ist es, dass ein Bereich dabei vollständig ausgeklammert wurde, der für die Nutzung moderner betrieblicher Kommunikationsmittel prädestiniert ist: Der Belegschaftswahlkampf wie politische Wahlen lebt gerade auch der Belegschaftswahlkampf vom kontroversen Austausch divergierender und sich zum Teil gegenseitig widersprechender Ansichten. Beim virtuellen Belegschaftswahlkamp muss für die eigene Person und die eigene Kandidatenliste geworben und muss sich kritisch mit den Meinungen konkurrierender Listen auseinandergesetzt werden. Virtuelle Kommunikationsmittel, wie insbesondere E-Mails, ermöglichen es den Konkurrenten, nahezu in Echtzeit und ohne nennenswerte Kosten virtuellen Wahlkampf unter Nutzung der vom Arbeitgeber angeschafften modernen Kommunikationsmittel zu betreiben. Diesen unbestreitbaren Vorteilen für die Wahlbewerber stehen dabei nicht zu unterschätzende Belastungen und Risiken des Arbeitgebers gegenüber. Der massenhafte Versand von Werbe-E-Mails im Rahmen eines virtuellen Belegschaftswahl-kampfes kann zu Störungen des Betriebsfriedens, zu Betriebsablaufstörungen und unter Umständen sogar zum vorübergehenden oder dauerhaften Ausfall seiner betrieblichen Kommunikationssysteme führen. Mangels gesetzlicher Rahmenbedingungen bewegen sich alle Beteiligten in einer rechtlichen Grauzone. Im Rahmen der Abhandlung „Der virtuelle Belegschaftswahlkampf“ wurde erstmalig umfassend und unter einer Vielzahl denkbarer Gesichtspunkte untersucht, ob und gegebenenfalls innerhalb welchen Rahmens Kandidaten einer Belegschaftswahl berechtigt sind, virtuell für sich zu werben. Entgegen der erkennbaren Tendenzen in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gelangt der Verfasser dabei zu dem Ergebnis, dass eine Nutzung betrieblicher Kommunikationsmittel zu Wahlwerbezwecken ohne entsprechende Einwilligung des Arbeitgebers nur in extremen Ausnahmefällen zulässig ist. Im Regelfall müssen sich die Wahlbewerber auf klassische Wahlwerbemittel verweisen lassen. Der Verfasser gelangt daher zu dem Ergebnis, dass der virtuelle Belegschaftswahlkamp den klassischen Wahlkampf in absehbarer Zeit nicht ablösen wird.