Devianz als Strategie
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Die semantische Verknüpfung von Krankheit und Weiblichkeit reicht bis in die Antike zurück und erlebt spätestens im 19. Jahrhundert im Krankheitsbild der Hysterie einen Höhepunkt der kulturellen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Gleichermaßen irritierend wie erklärungsbedürftig ist indes der Umstand, dass die Figur der kranken Frau in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Prosatexten von Autorinnen eine umfassende Wiederbelebung erfährt – zu einem Zeitpunkt also, da infolge feministischer Debatten eine Infragestellung der tradierten Geschlechterbilder längst stattgefunden hat. Ausgehend von dieser Beobachtung geht die vorliegende Studie der Frage nach, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Art und Weise die zitathafte Wiederholung pathologisierender Schreibweisen in Romanen von Schriftstellerinnen eine strategische Wendung erhält. Anhand einer komparatistischen Analyse ausgewählter Werke von Sylvia Plath, Ingeborg Bachmann, Marguerite Duras, Toni Morrison, Gisela Elsner, Christine Angot und Elfriede Jelinek werden unterschiedliche Verfahren strategischer Devianz herausgearbeitet, die dazu dienen, das Stereotyp der kranken Frau zu dekonstruieren und neue ästhetische Spielräume zu erproben. In den einzelnen Untersuchungen steht dabei insbesondere das produktive Spannungsverhältnis von Aneignung und Abwehr, Originalität und Imitation, Normalität und Devianz im Vordergrund.