Poetik des Entzugs
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Wer bin ich, wenn ich nicht über mich nachdenke? Wie sieht die Welt aus, wenn ich sie nicht betrachte? Kann ich mir eine Welt vorstellen, in der ich nicht bin? Diese Fragen kreisen um das problematische Verhältnis von Subjekt und Objekt und die Frage nach der Erkenntnismöglichkeit einer 'Welt an sich'. Unter einer makroepochalen Perspektive der Moderne, die dieses Erkenntnisdilemma als Ausgangspunkt setzt, betrachten die vorliegenden Studien zwei moderne Schlüsseltexte in einem neuen Kontext: Robert Musils „Verwirrungen des Zöglings Törleß“ und Rainer Maria Rilkes „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“. Die Lektüren stützen sich auf Friedrich Schlegels Entwurf einer neuen Mythologie, die sie als Poetik des Entzugs entwickeln. Schlegels Konzeption steht nicht nur am geistesgeschichtlichen Beginn des Dilemmas, sondern schlägt darüber hinaus eine Brücke zwischen Philosophie und Literatur. Sprachzweifel, Augenblicksästhetik, Schwelle, Aura, Gewebe oder Malerei als Vorbild der Literatur sind zentrale Motive bei Musil und Rilke. Über die Untersuchungsperspektive, die Schlegels genuin moderne Poetik gewährt, treten sie in neuen Bezügen zueinander hervor. Die Texte laufen schließlich auf eine regelrechte Verheißung zu - auf die (momenthafte) Überwindung der Zersplitterung in einem webenden Lektüreprozess und auf einen Augenblick der Einheit, in dem sich die Subjekt-Objekt-Frage aufhebt.