Kulturen der Gattung
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Literarische Gattungspoetik als performativer Prozess sozio-kultureller Klassifikationen. Gattungsdenken und Gattungshandeln in Literatur, Gesellschaft und Naturwissen von 1750 bis 1950 stehen im Zentrum dieser Geschichte der »Kulturen der Gattung« in der deutschsprachigen Literatur. Dieser Neuansatz in der Gattungstheorie wird an zwei Perioden verstärkter gattungspoetologischer Reflexion erprobt: Ende des 18. und Anfang des 20. Jahrhunderts konvergieren avantgardistische Literaturkonzepte, erhöhter Orientierungsbedarf im Sozialen und Umbauten in den Wissenschaften vom Leben. Im Fokus stehen jene Projekte, deren intellektuelle und ästhetische Passungen fraglich bleiben. Versuche performativer Neuklassifikationen reichen nach 1770 von der »Volkspoesie« zu den Synthesen von Kultur- und Naturgeschichte bei Johann Gottfried Herder und Johann Wolfgang Goethe; an den Frühromantikern, den Romantikerinnen und Adalbert Stifter werden Gegenrechnungen aufgemacht. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Zwischenkriegszeit entstehen jene Theorien der literarischen Gattung, die heute noch diskutiert werden - von Nietzsche bis Lukács und Benjamin, von den »Formalisten« zu den »Morphologen«. An den Œuvres von Hugo v. Hofmannsthal und Bertolt Brecht kann gesehen werden, welche Möglichkeiten der Koordinierung von Gattung, Stand/Klasse und Naturordnung an vorgeschobenen Positionen literarischen Handelns erprobt werden.