Kunstlied als Liedkunst
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Orte für die klingende Existenz von Kunstliedern wurden innerhalb des von einschneidenden Wandlungsprozessen bestimmten Musiklebens des 19. Jahrhunderts immer wieder neu geschaffen – verbunden mit der fortwährenden Diskussion einer als „angemessen“ erachteten Aufführungspraxis und der entsprechenden Rezeptionshaltung. Auch auf Schuberts Liedkompositionen, aus denen die Musikgeschichtsschreibung später das gattungsästhetische Paradigma „Schubert-Lied“ herausdestillierte, wirkten sich vielschichtige, z. T. ideologisch gefärbte, kulturelle Formungsprozesse aus, die Martin Günther aus der Perspektive kulturgeschichtlich ausgerichteter Interpretationsforschung nachzeichnet und analysiert: Die beginnende Professionalisierung des Liedvortrags um 1800, die Liedpraxis der Schubert-Zeit im Kontext musikkultureller und gesellschaftlicher Umbrüche, die historiographische Konstruktion „des“ Schubert-Liedes sowie die öffentliche Inszenierung „liedhafter Innerlichkeit“ im späteren 19. Jahrhundert werden zu einem Panorama zusammengefügt, das zeigt, wie verklungene musikalische Aufführungen zu einer musikgeschichtlichen Kategorie werden können.