Kriegstagebuch Dr. Wilhelm Dieck
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Vorwort Die Tochter Annemarie Lieber Vater! Als Du bei Kriegsbeginn 1914 abfahren musstest, habe ich Dich mit Mutter zur Bahn gebracht. Ich war drei Jahre alt. Die blitzenden Helme, die Musik, die Mischung von Aufregung, Traurigkeit und Angst war etwas, was wohl nie aus meinem Gefühl verschwand, wenn ich mir unter Krieg auch nichts vorstellen konnte. Dich, den Vater, habe ich erst nach dem Krieg kennengelernt. Erst jetzt, beim Kramen in alten Fotos, habe ich gesehen, wie der Krieg Dich verändert hatte. Der stattliche junge Mann aus der sicheren Vorkriegswelt, wo man sich allerdings auch schon gegen Schikane und „Ungerechtigkeit“ wehren musste, hatte vieles in Frage stellen müssen. Vaterland hieß jetzt: In kümmerlichen Verhältnissen neu anfangen, in der Politik sich um richtige Demokratie bemühen, in der Volkshochschule, die Du gegründet hast, das Wissen für alle zugänglich zu machen. (Ich durfte manchmal mitgehen in die Parteiversammlungen oder in die Volkshochschulkurse in Wirtshaussälen in der Umgebung von Sterkrade.) Du hast Bücher geschrieben, die gedruckt werden sollten, teils im Selbstverlag, mit größtem Arbeitseinsatz. Nach vielen Erfolgen und vielen Enttäuschungen hast Du nie die Freude am Lehren verloren. Ich glaube, Du wirst über Deine gedruckten Erinnerungen, dieses kleine, unwissenschaftliche Büchlein, ein bisschen lachen. Es war das Letzte, womit Du Dich nicht allzu lange vor Deinem Tod beschäftigt hast. Wenn ich es lese, gehe ich neben Dir und höre Dir zu, über Pythagoras, über die Weisheit der alten Griechen und über das, was wir versuchen müssen, in unserer Welt besser zu machen. Deine Annemarie Daun, Weihnachten 1984