Alle in Bewegung
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Vielen Zeitdiagnosen zufolge markierten die letzten Jahrzehnte eine mobile Zeit von historischer Singularität. Dies hinterfragt die vorliegende Dissertation und untersucht Formen und Dynamiken räumlicher Mobilität in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1980 und 2010. Mit dem Blick auf räumliche Massenphänomene wie das berufliche Pendeln, Binnenwanderungen und Migration betritt die Arbeit zeitgeschichtliches Neuland, denn jene Mobilitätserscheinungen hat die historische Forschung jahrzehntelang vernachlässigt. Diese Untersuchung thematisiert speziell die Dimensionen der Ost-West-Mobilität, die Rolle des Pendelns im Prozess wachsender Einkommensunterschiede, die Zusammenhänge zwischen Mobilitätsdruck und Arbeitslosigkeit sowie das Spannungsverhältnis zwischen Familiengründung und beruflicher Mobilität. Die Befunde zur Vorgeschichte der Gegenwart ordnet die Arbeit in den weiteren historischen Horizont der letzten 100 Jahre ein und arbeitet Strukturähnlichkeiten und Kontinuitäten jenseits sich ändernder technologischer und sozialer Strukturen heraus. Aus der Sicht der bereits mobilen Gesellschaft der Kaiserzeit erweist sich die deutsche Gesellschaft in der Umbruchphase nach dem Boom als relativ sesshaft und nur begrenzt mobil. Damit revidiert die Studie gängige Erklärungsmuster für eine pauschal gestiegene Mobilität, die vor allem mittels der medialen Dramatisierungsvirtuosität öffentliche Aufmerksamkeit und darüber auch wieder zeithistorische Beachtung gefunden haben. Methodisch angereichert mit statistischen Analysen und kartografischen Verfahren ist die historische Arbeit als ein reflektierter und innovativer Beitrag im Bereich der »digital history« zu verstehen.