Rechtspopulismus und Gewerkschaften
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Die Ursachen für den Aufstieg des Rechtspopulismus – insbesondere soziale Spaltungsprozesse und grassierende Abstiegsängste – sind bereits Gegenstand von sozialwissenschaftlichen Untersuchungen. Ebenso die damit einhergehende Umdeutung der vertikalen sozialen Frage in eine horizontal-völkische (»Wir gegen die anderen«) und die Zuspitzung der Kritik am politischen Establishment. Kaum erforscht ist bislang die Bedeutung des arbeitsweltlichen Kontextes für diese Entwicklung. Schwappen rechtspopulistische Ressentiments nur von außen, aus den gesellschaftlichen und politischen Lebensverhältnissen in die Betriebe und Unternehmen hinein, oder gibt es einen arbeitsweltlichen Nährboden, der zur Dynamisierung des Rechtspopulismus beiträgt? In der von den Autor*innen durchgeführten Befragung von Beschäftigten aus Industrie- und Dienstleistungsbetrieben kam nicht nur zum Vorschein, in welchem Maße rechtspopulistische Anschauungen, Äußerungen und Aktivitäten in Betrieben heutzutage – aktiviert durch die Bewegung der Schutzsuchenden 2015/16 – anzutreffen sind. Deutlich wird zudem, dass sich für größer gewordene Teile der Beschäftigten die sozialen Verhältnisse in den Betrieben verschlechtert haben und sie es mit zunehmenden Kontroll- und Perspektivverlusten zu tun haben. Für Gewerkschaften stellt dies eine besondere Gefahr dar, ist doch schon seit Längerem bekannt, dass ihre Mitglieder mitunter sogar häufiger als der Durchschnitt der Wählerschaft rechtspopulistischen Parteien ihre Stimme geben. Die hier erstmals plausibilisierte These eines arbeitspolitischen Nährbodens des Rechtspopulismus beinhaltet einen doppelten Perspektivwechsel: Aufseiten der Rechten, die angekündigt haben, in den Betrieben – u. a. im Rahmen der Betriebsratswahlen im Zeitraum März-Mai 2018 – verstärkt aktiv zu werden. Und aufseiten der Gewerkschaften, die sich mit den arbeitsweltlichen Unsicherheiten, Abstiegsängsten, Prekaritätserfahrungen und Kontrollverlusten auseinandersetzen müssen.