Der Realraum als Problem
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Bis Ende des 19. Jahrhunderts gab es viele Geographien; erst um 1900 hat sich – bildungspolitisch gewollt – eine Einheitsgeographie durchgesetzt, die den „Raum“ und die Wechselwirkung von Natur und Kultur „im Raum“ zu ihrem Gegenstand erklärte. Solche „Räume“ waren die Kontinente, Länder und Landschaften. Aus ihrer Gestalt und ihrem spezifischen Inhalt schloss der Geograph auf die Staatenbildung und den Gang der Geschichte. Noch heute liefert die alt-geographische Vorstellung von der „Macht des Raumes“ (der Gebirge, Ebenen, Stromgebiete etc.) scheinbar sichere politische Orientierung in einer globalisierten Welt. Dieser Band zeichnet die Geschichte und die problematischen Seiten des „raumrealistischen“ Denkens nach, dessen Ansatz als wissenschaftlich galt; tatsächlich beförderte er aber einen Überlegenheitsmythos Deutschlands und Europas, der in scharfem Kontrast zur heutigen Wahrnehmung Europas durch die Weltgemeinschaft steht. Die moderne Geographie bemüht sich deshalb, „Räume“ aus bewusst verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Nicht „eherne Raumgesetze“ diktieren politisches Handeln, sondern Interessen und Machtansprüche führen zu ständig neuen Realitäten.