Aufzeichnungen eines Botanikers am Amazonas und in den Anden
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Richard Spruce: Aufzeichnungen eines Botanikers am Amazonas und in den Anden. Herausgegeben und zusammengefasst von Alfred Russel Wallace. Deutsche Erstausgabe. »Es war mein Bestreben, alles zusammenzustellen, was für Botaniker nützlich sein könnte, sowie auch alle die Passagen aufzunehmen, die für andere Leser von allgemeinem Interesse sein könnten. Diese Aufgabe war für mich wirklich eine Arbeit der Liebe: Ich habe eine so hohe Meinung von der Arbeit meines Freundes, sowohl literarisch als auch wissenschaftlich, dass ich es wage vorherzusagen, dass die vorliegenden Bände einen Platz unter den interessantesten und lehrreichsten Reiseberichten des 19. Jahrhunderts finden werden.« (Alfred Russel Wallace) In jahrelanger Arbeit sichtete Alfred Russel Wallace (1823-1913) die Unterlagen seines verstorbenen Freundes, des Botanikers Richard Spruce (1817-1893), über dessen 15-jährigen Aufenthalt in Südamerika. 1908 brachte er ihn in London als zweibändigen, illustrierten Reise- und Forschungsbericht heraus. Mit diesem Buch liegt endlich die Reisebeschreibung des (neben Henry Walter Bates und Alfred Wallace) dritten »Großen« der britischen Südamerikaforschung des 19. Jahrhunderts auf Deutsch vor. Wie seine beiden Kollegen erlebte Spruce haarsträubende Abenteuer, meist völlig auf sich allein gestellt unter oft verständnislosen, manchmal aber auch interessierten und engagierten Einheimischen. Der Spezialist für winzig kleine »Hepaticae« (Lebermoose, heute Marchantiophyta), der sein Handwerk im heimischen Yorkshire auf dem Bauch rutschend erlernt hatte, streift nun in Booten, Stiefeln und zu Pferde durch den größten Regenwald der Erde und schickt seine indigenen Helfer auf die höchsten Bäume, um deren Blüten zu ergattern. Seine Aufzeichnungen zeigen deutlich, wie herzlich egal ihm die Gefahren und die Zerrüttung seiner Gesundheit waren: Als begeisterter Botaniker widmete er sich im Wortsinne mit all seiner Kraft der Erforschung Amazoniens. In den Anden angekommen erhält er den Auftrag der britischen Regierung, Samen und Schösslinge des Chinarindenbaums zu beschaffen. Durch dessen Anbau im fernen Indien sollte die Versorgung der Kolonien des Vereinigten Königreichs mit dem damals wichtigsten Medikament gegen Malaria, dem Chinin, gesichert werden – den Gewinn aus diesem Auftrag verliert er allerdings durch die Schurkerei zweier Bankangestellter. Seine Erlebnisse und Notizen in einem großen Werk literarisch aufzuarbeiten schafft er nicht mehr – vielleicht hat ihn das aber auch nicht genug interessiert. Die Aufgabe übernahm sein Freund Alfred Wallace, der das hinterlassene Werk sichtete und zu einem flüssig geschriebenen und spannenden tausendseitigen Bericht zusammenstellte. Den Band beschließen Fachaufsätze von Richard Spruce über Ameisen als Modifikatoren der Pflanzenstruktur, Rausch- und Aufputschmittel der Indigenen Amazoniens, die Kriegerfrauen vom Amazonas, indigene Felsbilder und schließlich über einen versteckten Schatz der Inka. Richard Spruce schreibt auch über seine Gewissensbisse, wenn er einen der Urwaldriesen fällen ließ, um an dessen Blüten zu gelangen. Solche Skrupel sind der Gegenwart weitgehend fremd, die uralten Wälder des Amazonas werden (spätestens mit dem Antritt der aktuellen populistischen Regierung Brasiliens) zur wirtschaftlichen Ausbeutung freigegeben. Welche unerforschten, faszinierenden Schätze damit unwiederbringlich verloren gehen, auch davon erzählt der Band.