Die Grenzen der Diktatur
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Grenzen der SED-Diktatur? Die unbegrenzte Herrschaft der SED, von Mauer, Stacheldraht, Schießbefehl und Stasi gestützt, war für die DDR doch gerade charakteristisch. Herrschafts- und Gestaltungsanspruch der Partei waren total, sie entschied und bestimmte in Politik, Wirtschaft, Recht, Verwaltung und Kultur. Trotzdem, auch im SED-Staat war die Reichweite der Herrschaft nicht grenzenlos. Das historische Erbe beispielsweise, das er gewollt oder ungewollt übernehmen mußte, begrenzte die diktatorischen Gestaltungsmöglichkeiten. Selbst die Mauer war ein Denkmal der Macht und der Ohnmacht zugleich. Familie, Kirche und Wissenschaft entzogen sich teilweise der totalitären Formierung. Ebenso überforderte sich die SED bei dem Bemühen, bis in die letzten Verästelungen hinein zu dirigieren, und stieß dabei an ihre Grenzen. Grenzen der Diktatur bedeutet nicht mehr politische Freiheit oder mehr Rechtsstaatlichkeit, und schon gar nicht soll das Regime bagatellisiert werden. Das Interesse, das alle Beiträge durchzieht, ist die Frage nach dem, was in der Gesellschaft der DDR in dem totalen Gestaltungsanspruch der SED nicht aufging. Diese Frage nach den Grenzen der Diktatur – vor allem in der Frühzeit der DDR – wird konkret gestellt und beantwortet. Das ist möglich, weil die Archive des SED-Staats in einem Umfang zugänglich geworden sind, der für die historische Erkenntnis ein Glücksfall ist. Die Probleme und Widersprüche der täglichen Praxis von Herrschaft, wie die Quellen sie zeigen, schärfen den Blick für die Grenzen dieser Herrschaft. Will man die gesellschaftliche Wirklichkeit in der DDR erfassen, muß man beides sehen, Ausdehnung und Grenzen der Diktatur. Die Geschichte der DDR war mehr als die Geschichte unbegrenzter Herrschaft im Schutz einer Grenze aus Stacheldraht.