Zweite Natur
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Der Terminus „zweite Natur“ wird um 1800 zu einem Schlüsselbegriff der Anthropologie, der Ästhetik und der Kulturtheorie. Als Ausdruck einer Krise des Traditionsbewußtseins kommt es zu einer semantischen Verschiebung: „Zweite Natur“ bezeichnet nicht mehr nur die überkommene Gewohnheit, sondern die Sehnsucht nach einer neuen Unmittelbarkeit. „Zweite Natur“ wird zu einem Potenzierungsbegriff, der die Möglichkeit der Wiederkehr einer neuen, höheren, gesteigerten Natur inmitten der Kultur thematisiert. Im Begriff der „zweiten Natur“ ist immer eine Spannung zu dem jeweils als „erste Natur“ Verstandenen mitgedacht. Seit dem Ausgang des 18. Jahrhunderts geht es dabei immer wieder um die Frage, ob die Menschen ihre Entfernung von „naturnahen“ Verhältnissen ausbalancieren oder sogar zugunsten einer neuen Einheit auf höherer Stufe überwinden können. Der Autor zeichnet die neuere Geschichte des Begriffs der „zweiten Natur“ nach. Dabei zeigt sich, daß eine starre Entgegensetzung von „Natur“ und „Kultur“ nicht zu halten ist. In allen geschichtlichen Wandlungen bleibt menschliche Natur auch „zweite Natur“, kulturellen Bedingungen unterworfen und sie wiederum hervorbringend.