Kunstwerk Frau
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Dieses Buch wirft einen - mehr befremdet-amüsierten denn empörten - Blick in die Ateliers und Labors von Schriftstellern und Malern, von Ärzten und Wissenschaftlern des späten 19. Jahrhunderts. Diese Zeit war in ambivalenter Weise fasziniert vom „Weiblichen“ und goß das Bedrohlich-Verlockende in Bilder, die mit der Realität von Frauen wenig bis nichts zu tun hatten. „Das Weib“ - angeblich irrational, unproduktiv und passiv - wurde von den tief verunsicherten Männern dieser Zeit auf seine Geschlechtlichkeit reduziert. Wir erleben die Schaffung dreier Kunstprodukte: der blaß-vornehmen, gelangweilt-entrückten und ewig kränkelnden Ehefrau, der triebhaftverführerischen, tödlichen Femme fatale und der unselbständigen, unschuldig-reizvollen Kindfrau. Mit der Zeit entwickelten sich diese Kunstprodukte zu Frauentypen und gingen ein verquickt-dialektisches Verhältnis mit der Realität ein: Nicht nur Männer, auch Frauen verhielten und verhalten sich, als seien „die Frauen“ so, wie sie einst stilisiert worden sind. Und es ist zweitrangig, wie diese Frauentypen dann bewertet wurden: Entscheidend ist, daß es Konstrukte sind. Mit den Worten Bettina Pohles: "Auch wenn sie positiv bewertet wird, bleibt die Vorstellung von der weiblichen 'Ur-Sinnlichkeit' ein beengendes Klischee.„ Ein Beispiel für Bettina Pohles Betrachtungsweise ist Theodor Fontanes Roman “Effie Briest„, der gemeinhin als ein Produkt aufgeklärt-liberaler Gesinnung gilt: Seine Heldin wird zum Opfer eines sinnlosen Ehrenkodex, der den Akteuren scheinbar keinerlei Alternativen läßt. Man (bzw. frau!) kann diesen Roman aber auch gegen den Strich bürsten. Eine solche Lektüre zeigt dann, daß Fontane mit der Figur der Effie eine unselbständige und kindliche Ehefrau geschaffen hat, wie sie klischeehafter kaum hätte ausfallen können. Bettina Pohles originelle und unterhaltsam geschriebene Studie über diese Seite des Fin de siècle zeigt, wie sehr das verzerrte und reduzierte Bild der “schönen und gefährlichen Frau" bis heute nachwirkt und sowohl die (Ab-)Bilder von Frauen, als auch das - in den Köpfen reproduzierte - Frauenbild bestimmt.