Der Fahneneid
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Seit Jahrhunderten werden Soldaten durch Eid oder Gelöbnis an die jeweilige staatliche und militärische Führung sowie an die von ihr erlassenen Gesetze und Verordnungen gebunden. Der militärische Eid stellt damit eine der dauerhaftesten und historisch wirkmächtigsten Erscheinungen der deutschen Militärgeschichte dar. Die vorliegende Arbeit untersucht die Zusammenhänge zwischen dem politisch-gesellschaftlichen Wandel und den Veränderungen der inhaltlichen wie äußeren Gestalt des Fahneneides. Ausgangsfrage ist dabei, ob sich an der Institution des Fahneneides nicht nur die jeweilige militärische, religiöse und gesellschaftliche Bindung des Soldaten an die Traditionen und Institutionen ablesen lasse, sondern darüber hinaus anhand der inhaltlichen wie äußeren Gestaltung der Eidesformeln auch Aussagen über die politische und gesellschaftliche Verfassung des jeweiligen Staatswesens getroffen werden können. Insbesondere belegt die Untersuchung, daß sich diese Interdependenzen nicht in der Funktion des Fahneneides als bloßem Spiegel einer verfassungsrechtlichen Entwicklung erschöpften, sondern der Eid des Soldaten eine solche Entwicklung gelegentlich auch vorwegnehmen konnte. Das Festhalten an der Vereidigungspraxis der Streitkräfte noch lange nachdem deren ursprüngliche Funktion als statusbegründender Rechtsakt hinfällig geworden war, läßt sich nicht allein mit traditionellem militärischem Brauchtum erklären. Ein weiteres Ziel dieser Untersuchung ist es daher, zu prüfen, ob dem Fahneneid über die Binnenfunktion als Initiationsritus der militärischen Gemeinschaft hinaus auch eine externe Funktion als amtliches Akklamationsmittel veränderter politischer und verfassungsrechtlicher Rahmenbedingungen zugewachsen ist. Zusammenfassend läßt sich das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit als der Versuch beschreiben, die historische Institution des Fahneneides über seine originäre militärische Bedeutung hinaus als politisch-gesellschaftliches Phänomen zu erfassen und kritisch zu würdigen.