Die "culpa in testando"
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Die Ausübung der Privatautonomie muss durch das Korrektiv des Vertrauensschutzes eingeschränkt werden. Diese Erkenntnis hat das BGB wie kaum ein anderer Rechtsgedanke seit seiner Entstehung verändert. Lediglich ein Teilbereich blieb von dieser Entwicklung bislang ausgespart: die Testierfreiheit. Deren Ausübung ist und soll weiterhin der Willkür des Erblassers überlassen bleiben. Missbrauchsschranken sind hier nach h. M. dogmatisch weder zulässig noch rechtsethisch geboten. Dieser Rechtszustand führt aber – wie der Autor an Beispielsfällen aufzeigt – zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn der Erblasser zu Lebzeiten durch gezielte Erbversprechen Einfluss auf sein Umfeld nimmt, „sehenden Auges“ Dispositionen auf die erwartete Erbschaft geschehen lässt, dann aber das bewusst erzeugte Vertrauen enttäuscht, indem er anders als versprochen testiert. Im ersten Teil der Arbeit legt der Autor umfassend die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten des in einem Erbversprechen „enttäuschten“ Erben dar. Das zentrale Thema der Untersuchung bildet sodann die Frage, ob und inwieweit ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Enttäuschung einer gezielt gesetzten Erberwartung, also eine „culpa in testando“, im System des deutschen Privatrechts vorstellbar ist. Das Ergebnis, zu dem der Autor gelangt, überrascht: Eine an restriktive Voraussetzungen geknüpfte culpa in testando würde sich sowohl in die bestehende Dogmatik der Vertrauenshaftung als auch in die erbrechtlichen Widerrufs- und Formvorschriften sowie das Verbot schuldrechtlicher Testierverträge in § 2302 BGB einfügen.