Das romantische Paradigma der Chemie
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Nachdem Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis, viele Jahre lang vorwiegend als ätherischer romantischer Geisterseher gehandelt wurde, wird sein naturphilosophisches Werk – ähnlich wie das des jungen Schelling – gegenwärtig auch von wissenschaftstheoretischer Seite neu entdeckt. Anhand der Studien zur Chemie und Alchemie, die Hardenberg als Bergbaufachmann betrieb, versucht die vorliegende Arbeit, ein ganzes Netz von Gedankengängen sichtbar zu machen, das sich bislang dem philosophiegeschichtlichen ebenso wie dem wissenschaftsphilosophischen Zugriff entzog. Über die übliche Einzeldarstellung hinaus wird die romantische Vernetzung der Diskurse anhand verschiedener von Novalis rezipierter Größen wahrgenommen (Kant, Fichte, Schelling, Baader, Eschenmayer, Sömmering, Chladni, Werner, Lampadius, Wiegleb u. a.), wobei auch neue Handschriftenfunde Berücksichtigung finden. Hardenberg selbst definiert die Chemie primär als eine Experimentier- und Erfindungskunst. Entsprechend hat sich eine chemisch orientierte Philosophie gezielt in den Dienst wissenschaftlicher Heuristik zu stellen, wobei auch die Brückenfunktion der mehrwertigen poetischen Sprache experimentell genutzt werden kann. Seine außergewöhnlich kreative und ingeniöse Denkform führt Novalis von der Chemie und deren thermodynamischen Grundlagen schließlich zur spekulativen Hypothese einer unbekannten, dem Vakuum entspringenden Urkraft des Universums. Im Anhang wird die in der historischen Tagespresse (“Reichsanzeiger”) geführte Diskussion zur Alchemie dokumentiert.