An den Grenzen der Moderne
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Vasilij Rozanov (1856-1919), russischer Schriftsteller und Philosoph, Kulturhistoriker und Journalist, Reformer und Bewahrer in eins, wird hier als Vorreiter und Kritiker der russischen Moderne gesehen. Indem er Denk- und Sprachform, Subjekt und Gemeinschaft, Autorschaft und Werk auf neue Weise entwarf, dem Christentum den Judaismus und schließlich das alte Ägypten vorzog, trieb er wie wenige den Umbruch der Kultur an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert voran. Seine paradoxalen Denk- und Redefiguren zerrütten das selbstidentische kulturelle Subjekt, ringen um diesen Verlust ausgleichende Gemeinschaftsbilder in der Nachfolge der russischen Konziliarität. Den im wörtlichen Sinne epochalen Standpunkt entdeckt die Monographie an den Rändern von Symbolismus und Avantgarde: Gegen die Macht des Faktischen behauptet er die Kraft des Möglichen. Rozanovs Ernennung zum „russischen Nietzsche“ erweist sich als ebenso unscharf wie seine Proklamation zum „russischen Freud“, stellte er doch Leibliches und Geistiges auf eine Ebene, galten ihm Geschlechts- und Gottesliebe als ein und dasselbe.