Der ältere Lindauer Buchdeckel in seinen originalen Bestandteilen
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Der ältere Lindauer Buchdeckel, der lange Zeit in Lindau am Bodensee aufbewahrt wurde und daher seinen Namen bezieht, ist eines der bedeutendsten Kunstwerke der Karolingerzeit. Die unterschiedlichen Bestandteile seiner Metallmontierung (Plaketten mit Zellen-, Gruben-, oder Senkemail, Reliefmedaillions mit Greiffiguren und vor allem die Platten mit Tassilokelchstil) werden hier detailliert beschrieben und auf ihre Aussagemöglichkeit hinsichtlich der Entstehung des Buchdeckels untersucht. Dabei können einige neue Aspekte der Herstellung und Ikonographie der Darstellung des Buchdeckels aufgezeigt werden (z. B. Mehrphasigkeit der Zusammenstellung, Silberemaillierung, keine Darstellung der Tiere der Schöpfungsgeschichte, keine Verbindung zum wikingerzeitlichen Greiftierstil, Kombination von Figuren im Tassilokelchstil und Reptilien). Angesichts des Tierornaments des Lindauer Buchdeckels, das eine der ausführlichsten Darstellungen des Tassilokelchstils überhaupt zeigt, kann hier so auch versucht werden, über dessen Bedeutung näher nachzudenken. Dazu dient zum einen die detaillierte Analyse des Tierornaments, wie des Linienwerks, sowie schließlich auch der einzigartigen Kombination von Tassilokelchstil-Tieren mit Reptilien. Die Darstellung der Tassilokelchstil-Tiere mit „abstraktem Linienwerk“ am Lindauer Buchdeckel kann auf diese Weise vielleicht auch als Darstellung der Seelen, die ihre Erlösung am Kreuz bzw. bei Christus suchen, beschrieben werden. Auf der Grundlage von Stilvergleichen gewinnt schließlich die Theorie einer Entstehung noch gegen Ende des 8. Jahrhunderts im Raum um den Bodensee an Wahrscheinlichkeit, wenn auch eine ursprüngliche Verbindung mit dem Stift in Lindau selbst nicht nachweisbar ist. Sicher ist jedoch eine Entstehung im Verbreitungsgebiet des karolingischen Tassilokelchstils, da der ältere Lindauer Buchdeckel als das eigentliche Hauptwerk dieses Stils anzusehen ist.