Weltmeister durch technischen K. o.
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Man spricht noch immer von der Ära der Mercedes-Silberpfeile, von ihrem kam-sah-siegte-Nimbus, den ein hochwertiger technischer Apparat ermöglicht hat und den die Erinnerung glorifiziert, man preist die deutsche Gründlichkeit, denkt an Fangio, Moss und den dicken Neubauer, der mit Signaltafeln Regie führte. Ohne Zweifel hat Mercedes in den Jahren 1954 und 1955 das Maximum dessen ausgeschöpft, was im Rennsport technisch und fahrerisch möglich war. Inzwischen ist man auf dem Mond gelandet und fährt in 7:45 um den Nürburgring. Das Maximum im Autorennsport leistete 1969 jedoch die Firma Porsche. 'Uff', sagte der Monteur eines amerikanischen Rennstalles, als die fünf Wagen starke Porsche-Armada in die Daytona-Arena geschoben wurde; 'wenn es stimmt, dass Porsche nur ein kleines Werk ist, hätte Ford seinerzeit mit 30 Werkswagen aufkreuzen müssen.' Porsches Ziel war hoch. Es hieß 'Marken-Weltmeisterschaft'. Der Preis spielte anscheinend keine Rolle. Computer rechneten den neun Vertragspiloten (einmal waren es sogar zwölf) für jede Rennstrecke eine Optimalzeit vor – den Charakter, die Fahrweise und den Ehrgeiz dieser Menschen auf einen Nenner zu bringen, hätte auch das Elektronengehirn nicht geschafft. Den Gegner zu umzingeln, ihn zu walzen und mit Hilfe der hauseigenen Technik zu schlagen war das Ziel. Von den zehn Läufen Marken-WM gewann Porsche sieben, sechs davon durch 'technischen k. o.'. Dreimal schlug man sich selbst k. o., und bevor die Zeit auch diese Siege glorifiziert und die Niederlagen aus dem Gedächtnis gestrichen hat, möchte ich den Film der Langstreckenrennen 1969 noch einmal abrollen lassen – unretuschiert und im Originalton, so wie ich ihn erlebte.