Die tätowierten Augen
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Im spärlich beleuchteten Keller unter einer halbzerstörten Stadt stoßen Überlebende verschiedener Herkunft und verschiedenen Alters aufeinander. Schockierende Erfahrungen von Krieg und Zerstörung, von Flucht, Angst und Schuld haben sie aus dem Gleichgewicht gebracht. Keiner vertraut dem anderen. Schließlich bricht der alte Abel das Schweigen, stellt sich vor. Zuerst greift das keiner auf. Als er leise zu erzählen beginnt, wird er gebeten, lauter zu sprechen. Ein Junge, eine Frau, ein Verwundeter mischen sich ein. Man entdeckt eine Glühbirne, einen Schrank, Kisten, Wasser. Als der alte Abel erschöpft seine Erzählung unterbricht, springt die alte Tulla ein und erzählt ein Märchen. Langsam entsteht eine Gemeinschaft, die sich auf Kistenstücken im Kreis gruppiert, den Erzählungen lauscht und Vertrautes entdeckt. Das Misstrauen schwindet. Nach und nach äußern sich auch die anderen: mit einem Erlebnisbericht, einer Lebensbeichte oder mit einem Märchen. Die Geschichten sind so unterschiedlich wie ihre Verfasser – mal im Ton kindlich-eigensinnig, mal von Sehnsucht und Emotion geprägt, mal resigniert und mal voll hintergründigem Humor. Beim Lesen erinnert man sich an Einsichten, die dem eigenen Gedächtnis entfallen waren: kollektives Wissen, das durch den eigentümlichen Rhythmus dieser Sprache persönlich lebendig wird.