Das Auge in der Tür
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Das übergroße Auge, Symbol der allgegenwärtigen Überwachung, hat ein früherer Häftling an die Tür gemalt. Schlimm ist es erst, sagt Beattie, die aufrechte Pazifistin, die in der Zelle sitzt, wenn das Auge in den Kopf gelangt. Prior, der kriegsuntaugliche Offizier, hat es längst im Kopf. Doch das ist nicht alles. Es häufen sich seine Absenzen, und von den Dingen, die sein dunkles Alter ego treibt, ahnt er nur, dass sie furchtbar sein müssen. Ein Doppelleben führen auch die anderen Gestalten des Romans. Mannings, der Offizier aus besseren Kreisen, muss seine Homosexualität verbergen, um so mehr, als im letzten Kriegsjahr in England eine hysterische Hetzjagd gegen alle beginnt, die von der Norm abweichen: Suffragetten, Pazifisten, Sozialisten, Schwule. Sassoon, der Frontkämpfer und Dichter, hält den Krieg für verbrecherisch, will aber die Kameraden nicht im Stich lassen. Und der Psychiater Rivers wird von Prior immer häufiger selbst in die Rolle des Patienten gedrängt. Sie alle haben etwas zu verbergen, auch wenn sie oft selbst nicht wissen, was sie zu verdrängen versuchen. Der zweite Teil der »Regeneration«-Trilogie beschäftigt sich mit dem Schicksal der Daheimgebliebenen. Die unerschrockene Art, wie Pat Barker mit kühlem Understatement, verhaltenem Witz und unsentimentalem Einfühlungsvermögen so komplexe Dinge wie Sexualität, Klassenverhältnisse, Krieg und Politik beschreibt, dürfte in der heutigen Literatur einmalig sein.