Die "wahre strenghistorische Kritik"
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Der Philologe Carl Lachmann (1793-1851) gilt als Mitbegründer der modernen wissenschaftlichen Edition und Wegbereiter der Germanistik. Aber auch die Forschung am Neuen Testament verdankt ihm zwei wegweisende Impulse: Er versuchte als erster den Text des NT aus den ältesten Handschriften allein nach der äußeren Bezeugung zu rekonstruieren und wagte es damit, den über Jahrhunderte gültigen „textus receptus“ anzutasten. Daneben war seine aus der Analyse der Reihenfolge der Erzählungen in den synoptischen Evangelien gezogene Schlussfolgerung, dass Markus der ursprünglichen Anordnung des Erzählstoffes am nächsten stehe, der erste Schritt zur heutigen „Zweiquellentheorie“. Die Arbeit entfaltet nicht nur Entstehung, Inhalt und Bedeutung des interdisziplinären Beitrags Lachmanns zur neutestamentlichen Wissenschaft, sondern schildert vor dem biographischen Hintergrund auch das gesellschaftliche und wissenschaftliche Ambiente in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts (so zählten die Gebrüder Grimm und F. D. E. Schleiermacher zu den engsten Vertren Lachmanns, der zur Zeit revolutionärer Unruhen Rektor der Berliner Universität war). Die Rezeption seiner Werke zeigt nicht nur leidenschaftliches und heftiges Ringen um Wahrheit und wissenschaftliches Selbstverständnis, sondern liefert auch ein Beispiel professoraler Eitelkeiten. Die Arbeit bietet insbesondere alle relevanten Teile der überwiegend lateinisch verfassten Beiträge Lachmanns in deutscher Übersetzung. Dazu gibt sie kompendiumartige Überblicke zum Gesamtwerk Lachmanns, zur Entstehung der Philologie als Wissenschaft, zur Entwicklung der neutestamentlichen Textkritik und der Zweiquellentheorie.