Axel Springer
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Du weißt, dass die Sowjets für mich die rotlackierten Nazis bleiben - Dankesworte eines großen Verlegers wenige Wochen vor seinem Tod an Franz Josef Strauß (dieser hatte sich in der BILD-Zeitung für Reagans wahnwitziges SDI-Programm stark gemacht). Letzte Worte und Credo eines lebenslänglichen Frontkämpfers in Zeiten des Kalten Krieges. Gestatten, Axel Springer. Legende! Den einen verhasst als reaktionärer Kommunistenfresser, von den anderen geliebt als Leuchtturm und Trutzburg eines freiheitlichen Westens. Wo früheren Biografen vom Schlage eines Michael Jürgs oder des Springer-Freundes Claus Jacobi die allzugroße Nähe zum Objekt ihrer Betrachtung womöglich den Blick trübte, erwartet den Leser nun ein präzise recherchiertes, sprachgewaltiges Lebensbild. Und doch muss auch der Historiker Schwarz, der wie ein wissenschaftliches Präzisionsinstrument Bruchstück um Bruchstück zusammenfügte, und dem als Erstem Zugang zum Springer-Archiv gewährt wurde, am Ende feststellen: Das innerste Wesen dieser Sphinx aufzuschließen, scheint schlicht unmöglich. Zu janusköpfig und schillernd erscheint die Figur, die die noch junge Bundesrepublik verlegerisch quasi im Handstreich eroberte. Schon dem 40-Jährigen lag das politische Bonn förmlich zu Füßen. 1952 schließlich hatte der selbsternannte Ästhet und Gentleman die genialische Idee durchgesetzt, mit einem 10-Pfennig teuren, schlichten bebilderten Blatt die Meinungs- und Deutungshoheit in Deutschland zu erringen. Bald hatte die Medienmacht des deutschen Berlusconi so beängstigende Formen angenommen, dass die Parole Enteignet Springer! zum geflügelten Wort jener Tage wurde. Berlin wurde Springers Frontstadt, die Studenten machten mobil; zuweilen befällt bei der Lektüre der Verdacht: Ohne Springer keine RAF. Was Schwarz akribisch abarbeitet, gleicht einem opulenten Schaulaufen durch die Bonner Republik. Noch einmal erleben wir Springers legendären 1958er-Besuch bei Chruschtschow, der diplomatisch im Super-Gau endete; den Zwist mit den Verlegern Bucerius und Augstein, der einstigen Hamburger Kumpanei, die dem Paranoiker, der auch so gerne Schöngeist war, bei seinen verlegerischen Expansionsgelüsten heftig ins Ruder griffen. Begleiten den Friedensfürsten auf Israel-Tour. Staunen über den Astrologiegläubigen und Esoterik- wie-auch-Frauenvernarrten, der gegen Ende seines Lebens zum Heiligen Franz mutierte und zusehens der Religion anheimfiel. Zitieren wir am Ende die Meinung des Blattes, das er großmachte, zur Biografie des Herrn und Meisters: Es ist eine Lawine aus Fakten - aber es liest sich leicht und verführerisch wie ein Märchen aus 1001 Zeitung. Ölig, der Sound, irgendwie aber erleichtert - und nicht ganz und gar falsch. -Ravi Unger