Die Chronik von Andechs und der frühe Buchdruck ; die Bedeutung der Andechser Chronik für die Historiographie des Hl. Berges und des frühen Buchdrucks
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Ein kleiner, in einen marmorierten Pappeinband gebundener, undatierter Frühdruck, wurde bei der Aufhebung des Klosters Andechs im Jahre 1803 von der staatlichen Bücherkommission übersehen und blieb im Kloster zurück. Man erfährt von Heiligen, Kaisern und Königinnen, mit denen die Herren von Andechs verwandt waren, von kostbaren Reliquien, der Zerstörung der Burg und der Gründung des Klosters im Jahre 1455 durch Nikolaus von Kues und Herzog Albrecht III. Das allem Anschein nach 1472 in Augsburg entstandene Werk ist aus mehreren Gründen höchst bemerkenswert. Es stellt die erste gedruckte Klosterchronik der Welt dar und zeigt auf, wie wichtig den Mönchen des jungen Reformklosters ihre Chronistik war. Es lässt erkennen, dass Augsburg in den 70er Jahren des 15. Jahrhunderts eine der wenigen Hochburgen des jungen Buchdrucks war und macht die enge Verbundenheit dieses neuen Handwerks mit den Kirchenreformern dieser Zeit sichtbar. Die Chronik von Andechs aus dem Jahr 1472 ist in Andechs selbst als Handschrift und als Erstdruck über die Säkularisation hinaus erhalten geblieben. In mehrfacher Hinsicht ist sie von einzigartiger Bedeutung. Denn sie erschließt uns · den ehemals hohen Rang des Andechser Grafengeschlechts, · den Wert des Reliquienschatzes und die überragende Bedeutung, welche die wittelsbachischen Herzöge ihm zumaßen, · den Einfluss des Nikolaus von Kues, der die Gründung des Benediktiner klosters maßgeblich forderte und förderte, · die politische Ausrichtung der Wittelsbacher nach Westen, die zu einem Zusammenwirken zwischen Andechs und Augsburg führte, · die Persönlichkeit des Abtes Melchior des Augsburger Klosters St. Ulrich und Afra, der als Protagonist der Kirchenreform technische Neuerungen wie den frühen Buchdruck ebenso förderte wie traditionelle Bildungsziele, · das Talent und Durchsetzungsvermögen eines Johann Bämler, der wesentlich dazu beitrug, dem neuartigen Verfahren des Buchdrucks in Augsburg eine frühe Blüte zu bescheren, · das geistige Klima Augsburgs als weltoffene und ehrgeizige Reichsstadt, · den Ehrgeiz und das Talent der Andechser Mönche, die Geschichte des Heiligen Berges in einer für das späte Mittelalter neuen Form zusammen zufassen. Das alles erlaubt es, der Andechser Chronik den hohen Rang zuzuschreiben, den sie sowohl für die Chronistik des 15. Jh. und den frühen Buchdruck als auch für die Erforschung der Geschichte des Heiligen Berges hat.