Wie fromm waren die Humanisten?
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Die Beiträge dokumentieren eine Tagung, die im Oktober 2013 an der Herzog August Bibliothek stattfand. Der Begriff ‚fromm‘ dient dabei als Stellvertreter für ein ganzes Bündel von Fragerichtungen, die seit dem 19. Jahrhundert im Zentrum der Renaissance- und Humanismusforschung stehen: Wie christlich, religiös, pietätvoll, kirchlich oder theologisch waren sie? Was war ihnen heilig, und wie war ihr Umgang mit dem Heiligen? Und umgekehrt: Wie unchristlich, ungläubig, pagan, unreligiös, säkular und verdiesseitigend waren Humanisten? Wie kritisch, frivol oder gar zynisch war ihr Umgang mit Religion, Christentum und Kirche? Die Aufsätze behandeln die Zeit vom frühen 14. bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts und zeigen am Beispiel zahlreicher humanistischer Leitfiguren, von Francesco Petrarca bis Giorgio Vasari und durch die Berücksichtigung verschiedenartiger europäischer Humanistenstädte, wie der Renaissancehumanismus auf höchst vielfältige und stark divergierende Weise einen religiösen Kulturwandel bewirkte. Dieser richtete sich generell nicht gegen das Christentum, sondern unterwarf die christliche Religiosität, die Kirche und die Konfessionen der neuartigen Normativität bestimmter Textcorpora der paganen und christlichen Antike. Auf diese Weise waren die humanistischen Synthesen von Bildung und Religion ohne Weiteres mit spätmittelalterlichen Formen kirchenfrommer Devotion, von Kirchenkritik und Kirchenreform ebenso wie mit den Reformidealen der Reformation und des antireformatorischen Katholizismus zu vereinbaren. Die Beiträge verdeutlichen so eindrucksvoll, welche Impulse von Humanisten für eine Umgestaltung des Christentums ausgingen und wie auch umgekehrt der Humanismus durch bestimmte Antriebskräfte des Christentums instrumentalisiert wurde.