Schadenstolerante Auslegung mit hochfestem Gusseisen EN-GJS-700-2
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Im Rahmen der Energiewende nehmen technisch zuverlässige Windenergieanlagen eine zentrale Rolle ein. Vornehmlich in deren Gondel werden großvolumige Gussstrukturbauteile verbaut, bei denen fertigungsbedingte Defekte nicht ausgeschlossen werden können. Infolgedessen fordern Zertifizierer häufig, als Ergänzung zum konventionellen, einen bruchmechanischen Festigkeitsnachweis. Dabei mangelt es oft an Verständnis zu den Versagensmechanismen im Werkstoff sowie an ausgereiften Auslegungskonzepten. Insbesondere bei dem Planetenträger des Hauptgetriebes, gefertigt aus der hochfesten Gusseisengüte EN-GJS-700-2, ist der Bedarf hoch. Dieses Bauteil und sein Konstruktionswerkstoff sind folglich Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. Ziel ist die Entwicklung eines schadenstoleranten Auslegungskonzepts, welches alle drei Stadien der Werkstoffermüdung: Schwellenwertverhalten, Kurz- und Langrissfortschritt, erfasst. Der Lösungsansatz beinhaltet dabei sowohl experimentelle und metallographische als auch numerische Methoden. Ergebnis der Untersuchungen sind Gesetzmäßigkeiten für alle drei Stadien der Schadensentwicklung. Zunächst wird das Schwellenwertverhalten in Abhängigkeit der Defektgröße beschrieben. Dies geschieht in Anlehnung an das Kitagawa-Takahashi-Diagramm sowie das Risswiderstandskurvenkonzept. Ferner wird ein funktionaler Zusammenhang zur Charakterisierung des Beanspruchungszustandes gusseisentypischer Defekte präsentiert. Dieser ist Grundlage für die Quantifizierung des Kurzrissfortschritts, bei dem insbesondere Mikrostruktureffekte und die risslängenabhängige Entwicklung des Rissschließens im Fokus stehen. Sowohl letzteres als auch der Einfluss einer variierenden statischen Vorlast werden von den im Anschluss vorgestellten Langrissfortschrittsgesetzen adressiert. Die Kombination aller Erkenntnisse resultiert im Vorschlag eines schadenstoleranten Auslegungskonzepts für EN-GJS-700-2, welches abschließend im Labormaßstab validiert wird. Im Übergang zum Langzeitfestigkeitsbereich zeigen die Vorhersagen dabei eine hohe Übereinstimmung mit experimentellen Beobachtungen.