Zeit der Bedrängnis
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Mit seiner 450-Jahrfeier blickt das Münchner Wilhelms-Gymnasium zurück auf eine eindrucksvolle Kontinuität seiner Geschichte. Dabei sind gerade auch diejenigen Verhältnisse zu beachten, die an dieser Schule bestanden in den für unser Land so schicksalhaften Jahren des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945. Es war ein Gebot der Gerechtigkeit, ein auf Originalquellen gestütztes neues Bild zu zeichnen. Wie ging es in jenen zwölf Jahren an der Schule zu, wie gewinnen wir ein umfassendes und richtiges Bild vom Alltag im Gymnasium und von den Lehrern, die an dieser Schule, teils seit Jahrzehnten, zum „Stammpersonal“ gehörten? Begnügen wir uns mit einigen bisher vorliegenden einseitigen Bewertungen? Die Idee zu diesem Buch war schon lange geboren durch die Mitschüler Wynfrith Noll (+) und Dr. Gerhard Müller-Chorus, die Mitstreiter waren in jener „Kruzifix-Affäre“ des Jahres 1941, als am Schuljahrsbeginn die Klassenkruzifixe verschwunden waren und in spontaner Reaktion von Schülern (und Eltern) unerschrocken neue aufgehängt wurden. Das vorliegende Buch nahm, einem Aufruf aus der Studiengenossenschaft folgend, im Jahre 2005 Gestalt an, nachdem die Absolvia-Jahrgänge 1933–1954 ihre Erinnerungen an unvergessene Lehrer zu Papier gebracht hatten. Dieser Band bietet zwölf Porträts von Lehrern. Unter ihnen gab es wohl vier Nazis, darunter Oberstudiendirektoren (Königsdorfer, Graßl). Es gab Eindeutigkeiten oder die Eindeutigen, aber vor allem die Geradlinigen und ihre Kollegen im Geiste. Ihnen gilt der innere Anlaß zu diesem Band. Über immerhin zwölf dieser Lehrer gab es ausreichend Erinnerungen und Akten um ein treffendes Bild dieser Persönlichkeiten zu formulieren. „Es wurde und wird nicht bestritten, dass der Zeitgeist an den undichten Türen dieses altehrwürdigen … Hauses nicht schlechthin vorbeiströmte, sondern kräftig hineinschwappte …, dass das Haus sogar über eine beachtliche Vierer- bzw. Dreierbande von braunen Geistern verfügte; und dass das Wilhelmsgymnasium auch eine Institution seiner Zeit war samt allen Normalitäten. Der kleine Riesenunterschied ist nur, dass es eine Nazischule nicht war, was man ja nur über den dominierenden Geist definieren kann und der potentiellen Abwesenheit dem entgegenstehender Kräfte. Dies einem terrible simplificateur vorzuführen und das Andenken an Menschen zu ehren, die in schwierigen und gefährlichen Zeiten den Zeitgeist vor ihrer jeweiligen Klassenzimmertür aus ihren jeweiligen Räumen zu verbannen suchten, war der Zweck der hier veranstalteten Übung“ (Hubert von Bechtoldsheim, aus dem Kapitel „Nachlese“).