Wolfgang Koeppen: ich?
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Es begann mit einem Auftragswerk: Wolfgang Koeppen sollte 1986 für das »Zeit«-Magazin porträtiert werden. In jenem Jahr war es auch, dass die Fotografin Nomi Baumgartl zum ersten Mal den privaten Kosmos des Schriftstellers in der Widenmayerstraße 45 betrat. Der Schriftsteller schrieb selbst Texte zu den entstandenen Porträts: »Ich über mich« – schelmische Eulenspiegeleien. Ein Buch ist nie fertig. Es wäre denkbar, ein Leben lang an einem Buch zu schreiben. Ein Alp- und zugleich ein Wunschtraum, und es bekäme keiner zu lesen! Aber es belustigt mich, mein Buch im Schaufenster des Buchhändlers zu sehen. Das ist wie ein gelungener Streich. Da ich Schriftsteller geworden bin, da ich vom Schreiben lebe oder es versuche, hängt meine Existenz, mein Wohl- oder Schlechtleben von diesen Käufern meines Buches ab. Ein blödsinniger Zustand. Da ich in einer kapitalistischen Gesellschaft lebe, wäre ich gern ein Erbe (wie die Franzosen Gide, Flaubert, Proust), der nicht vom Schreiben leben müßte, und damit ein viel besserer Schriftsteller, viel fleißiger, frei vom falschen Zwang zur Produktion, weil die Miete zu zahlen ist, und es wäre mir dann gleichgültig, ob ich einen oder tausend Leser hätte, und der eine wäre mir lieb. Bücher werden aus Mißverständnis gekauft, manchmal aus Mißverständnis gelesen, aus lauter Mißverständnis in den Schrank gestellt, schließlich als Taschenbuch verbreitet und weggeworfen, was all diese Mißverständnisse wieder aufhebt und gutmachte, gäbe es nicht die Philologen, die den Fall registrieren und zu den Akten nehmen für neue Mißverständnisse.
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