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Versuch über den Ursprung der menschlichen Erkenntnis

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Nach der Revolution wurden in Frankreich Condillacs Werke zum Unterricht benutzt, bis die Gegenrevolution zuschlug. Die erste Übersetzung des Essai sur l’origine des connaissances humaines ins Deutsche erfolgte in seinem Todesjahr 1780, und dann dauerte es fast 200 Jahre, bis der Essai wieder übersetzt wurde, und man fragt sich warum. Herder hat mit Rousseau und Condillac „abgerechnet“ und dann einige von Condillacs Gedanken ohne Quellenangabe in seine Abhandlung über den Ursprung der Sprache übernommen. Rousseaus Berühmtheit schadete diese Abrechnung nicht, Condillac sehr wohl. Doch warum ist das Werk eines braven Abbé so gefährlich? Vielleicht weil er, wie bereits im Versuch über den Ursprung der menschlichen Erkenntnis, auf der Vernünftigkeit aller Erkenntnis und der Historizität insistiert. Wenn alle Erkenntnisse vor der Vernunft legitimierbar sein müssen, dann könnten die Menschen auch nach der Vernünftigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse fragen. Und wenn der Sprachursprung menschlich, nicht göttlich ist, dann sind auch alle Erzählungen über den Ursprung der Menschheit menschliche Produkte, festgelegt von denen, die die Macht haben, um Identität zu stiften und ihnen die Macht zu erhalten. Condillacs auf den ersten Blick so nüchterne Unternehmung, die Wissenschaft vernünftig zu begründen, enthält die Momente, die alles sind, was wir der Irrationalität entgegensetzen können. Natürlich sind manche seiner Überlegungen inzwischen von der Wissenschaft überholt, aber anderes, was er bereits als überholt entlarvte, hält sich so hartnäckig, daß es heute wieder als modern gilt. Da hilft nur eines, nämlich Condillacs Methode: zurückgehen zum Ursprung und den Irrtum aufdecken.

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Versuch über den Ursprung der menschlichen Erkenntnis, Étienne Bonnot de Condillac

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2006
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