Lucans Bellum Civile
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Die Rezeption antiker Texte ist heute selbstverständlicher, wenn auch noch nicht klar definierter Bestandteil der Klassischen Philologie. Dennoch verleiht diese nur im Verbund mit anderen Disziplinen zu leistende Horizonterweiterung den Vorbedingungen und Beschränkungen unserer zeitgenössischen Interpretation der antiken Texte Konturen. Hierfür soll dieser Band zur wechselvollen und ununterbrochenen Rezeption des römischen Epikers Marcus Annaeus Lucanus, der Beiträge von Forschern und Forscherinnen verschiedener Disziplinen und scientific communities vereint, ein Specimen sein. In mehrfacher Hinsicht führt der Aufweis der komplizierten Rezeptionsgeschichte des Bellum Civile, das immer wieder in bestimmten historischen Situationen, insbesondere Krieg und Bürgerkrieg verstärkt zum Referenzpunkt wurde, in die Untiefen der europäischen Geistesgeschichte, schließlich handelt es sich bei Lucan um einen der wenigen römischen Autoren, die über Jahrhunderte eine überragende Position im Literaturkanon einnahmen, um dann einer 'ideologisch-ästhetischen' Bereinigung des Kanons zum Opfer zu fallen. Faszinierend ist auch der ständige Wechsel der Interpretationsparadigmata, der sich nicht zuletzt der schillernden Caesar-Gestalt Lucans verdankt und sich im Pendelschlag ideologischer Grabenkämpfe zwischen „Republik“ und „Prinzipat“ bewegt. Über diese spektakulären Rezeptionsphänomene wird häufig vergessen, dass Lucan über viele Jahrhunderte eine Aufmerksamkeit fand, die derjenigen Vergils kaum nachstand. Die 17 Beiträge des vorliegenden Bandes, die exemplarisch bestimmte Aspekte der Lucan-Rezeption in Literatur, Musik und Wissenschaft von der Antike bis ins 19. Jahrhundert vorstellen, wollen Schneisen in dieses bislang noch nicht systematisch erschlossene Gebiet schlagen und Anreiz zu weiteren wissenschaftlichen Entdeckungsreisen sein. Mit Beiträgen von Annemarie Ambühl, Birger Backhaus, Gundela Bobeth, Eugen Braun, Thorsten Burkard, Elaine Fantham, Concetta Finiello, Reinhold F. Glei, Stefanie Gropper, Melanie Möller, Tom Murgatroyd, Lorenzo Nosarti, Lisa Sannicandro, Christine Walde, Jochen Walter und Rosmarie Zeller.