Rundblick vom Stephansturm
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An einem Augusttag des Jahres 1860 hievten ein Fotograf der k. k. Hof- und Staatsdruckerei und seine Gehilfen eine nicht nur nach heutigen Maßstäben riesige Kamera sowie mindestens zwölf große Glasplatten auf den Südturm von St. Stephan, um fast von der Turmspitze aus mehrere Tage lang das Wiener Stadtgebiet fotografisch aufzunehmen und die Aufnahmen in einem mitgebrachten Dunkelkammerzelt an Ort und Stelle zu entwickeln. Das Ergebnis waren zwölf „Salzpapiere“, die zu den größten erhaltenen Aufnahmen aus der Pionierzeit der Fotografie gehören. Zusammengefügt ergeben sie ein beinahe geschlossenes Rund-um-Panorama Wiens. Die Bilder sind ein faszinierendes Zeugnis des damals neuen Mediums Fotografie und gleichermaßen eine beeindruckende Dokumentation des Wiener Stadtbildes in Zeiten seines rasanten Wandels. Vom Stephansturm blickt der Betrachter auf das Häusermeer der Inneren Stadt, auf seine Ziegeldächer mit den schluchtenartigen Straßen und Plätzen dazwischen. Die Innenstadt erscheint vom Glacis, dem unverbauten Festungsvorfeld, und dem Donaukanal umgeben, während die mächtigen Festungsmauern selbst – an ihrem Abbruch wurde zu diesem Zeitpunkt an manchen Stellen bereits heftig gearbeitet – aus dieser Perspektive nicht zu sehen sind. Begrenzt wird der Ausblick von den Erhebungen des Wienerwaldes und den weiten Auwäldern der noch unregulierten Donau. Der Band beinhaltet die Reproduktion der erstmals im Jahre 1929 von Eduard Castle veröffentlichten großformatigen Fotografien inklusive der damals angefertigten Orientierungsskizzen mit Bezeichnungen von Straßen, Plätzen und wichtigen Gebäuden sowie die Reproduktion eines Stadtplans des Jahres 1858. Walter Öhlinger hat zu jeder der Fotografien eine detaillierte Beschreibung verfasst, die das Wien um 1860 vor unseren Augen entstehen lässt, aber auch die einschneidenden Veränderungen, die die Stadt seither erlebte, dokumentiert.