Hexensprache
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„Hexensprache“ ist ein Buch, das zeigt, wann Sprache mehr verwirrt als klärt, wie Sprechstörungen als Störungssprachen auf familiäre Kommunikationsverwirrungen hinweisen und auf was wir achten können, wenn wir Sprache kommunikationsfreundlicher gestalten wollen. 1. Sprachliche Ohnmacht: Rede über das fahrlässige oder absichtliche Mißachten von grösseren Zusammenhängen In Momenten, in welchen ich mich nicht verstanden fühlte, dachte ich manchmal: „Nun, dann eben nicht!“ Aber so reagierte ich selten. Denn meist führte ein anhaltender Eindruck des Nichtverstandenwerdens bei mir zu einem unangenehmen Gefühlsgemisch von Enttäuschung, Ärger und Ohnmacht. Ich dachte oder sagte:„Aber versteh doch!. Hör doch hin!. Ich meine etwas anderes als du hörst!“. und änderte damit selten etwas. Diese Art von Ärger stand am Anfang meiner neueren Interessen an Strukturen oder größeren Zusammenhängen. Es war ein Ärger, der vorwiegend in Gesprächen mit relativ andersdenkenden Menschen entstand: Wir sprachen, diskutierten über irgend einen Sachverhalt. und plötzlich war er da, der blockierende Ärger. Erst allmählich begann ich zu verstehen. Ich erkannte, daß sich meine Blockierung aus zwei Elementen zusammensetzte. Aus dem Gefühl, nicht verstanden worden zu sein und aus der Befürchtung, daß ein Verstandenwerden in naher Zukunft unmöglich war. Totaler Kommunikationsabbruch. Auch wenn wir weitersprachen, ergab dies keinen Austausch mehr. nur Ärger. Was war geschehen?. Was geschah da in Wiederholungen? Heute weiss ich es: Ich reagierte allergisch auf die Verleugnung oder gezielte Einschränkung der Vielfalt der Bedeutung von Kommunikationszeichen und auf die Verneinung des instrumentellen Charakters von Kommunikation. Was diese komplizierten Worte bedeuten, möchte ich erklären. Schon ein einfaches Winken kann vieles bedeuten:„Ich bin da!“ oder „Ich grüsse Dich!“ oder „Komm doch her!“ oder „Warte, ich komme gleich!“ Wenn der Empfänger des Winkzeichens Kenntnisse über das Entstehen der momentanen Situation hat, wenn er auch den Winkenden kennt, und wenn er zudem noch andere Körperzeichen des Winkenden richtig deutet, hat er gute Chancen, die Bedeutung des Winkens zu verstehen. Das Zeichen allein bleibt vieldeutig. Genauso ist es bei den höheren Formen von Zeichenprozessen. Jedes Element der gesprochenen oder geschriebenen Sprache ist vieldeutig. Es war ein scheues Wort. Das war ausgesprochen Und hatte sich sofort Unter ein Sofa verkrochen. Joachim Ringelnatz