Landläufiger Tod
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Körperlich Verstörte, so heißt es, erfahren für ihr Leiden häufig einen gelinden Ausgleich, indem sie sich in anderen Sinnesbereichen besonders befähigen. Die Hauptperson Franz Lindner in Gerhard Roths Roman ›Landläufiger Tod‹ ist stumm. Er muß genauer als andere beobachten und nachdenken, und wenn er sich ausdrücken will, muß er es aufschreiben. In seinen Niederschriften entsteht ein poetisches Bild seiner Umgebung und unserer Zeit, in dem »alle Menschen und Geschichten aus der Luft gegriffen sind«. Lindner erzählt in diesem Buch ganz real Stationen seines Lebens, entwirft sich in ausschweifenden Episoden die Welt neu und zeichnet vor allem den verwirrend vielfältigen Mikrokosmos eines kleinen Dorfes auf, in dem es alles, nur keine Idylle gibt. Auswegloses Elend verbindet die Bewohner des kleinen südostösterreichischen Fleckens. »Roths Phantasie beginnt dort zu arbeiten«, schrieb ›Der Spiegel‹ zum ›Landläufigen Tod‹, »wo menschliche Erkenntnis aufhört. Sie füllt die Leerstellen, in die Wissenschaftler und Philosophen nicht eindringen können.« Roths Roman von der »Verrücktheit« Franz Lindners ist zugleich das Buch von dessen Hellsichtigkeit.